Ratzeburg/Mölln (tbi). Das Burgtheater Ratzeburg und das Eulenspiegel Kino Mölln wurden vor wenigen Wochen als Hauptpreisträger mit dem Zukunftspreis des Landes Schleswig-Holstein ausgezeichnet (Herzogtum direkt berichtete). Für Kinochef Martin Turowski ein weiterer Anlass, über das oft von Nickligkeiten geprägte Verhältnis der benachbarten Kleinstädte mit den Bürgermeistern ins Gespräch zu kommen. Beide Bürgermeister sind jeweils seit rund einem halben Jahr neu in ihrem Amt, beide kommen ursprünglich nicht aus den Städten, deren Verwaltung sie jetzt leiten und ihren Städten ein Gesicht geben.
„Ich hatte früh den Eindruck, dass beide frisch gewählten Bürgermeister im Verhältnis der Städte zueinander anders ticken und im Miteinander versöhnlich klingen“, so Martin Turowski, der seit seiner Jugend das „besondere Verhältnis“ der beiden Städte erlebt hat. Turowski musste nicht lange bitten, dass Eckhard Graf aus dem Ratzeburger Rathaus und Ingo Schäper aus Mölln einer Einladung in das Burgtheater folgten, um gemeinsam über Perspektiven zu sprechen. „Kino verbindet, Kultur verbindet. Aus meiner Sicht könnten Ratzeburg und Mölln auf vielen Ebenen stärker zusammenarbeiten. Mit den neuen Bürgermeistern kann es da einen Umbruch geben; das Beispiel Kino zeigt, wie gut das gehen kann“, so Martin Turowski.
„Wir haben den Vorteil, dass wir keine Ur-Ratzeburger und Ur-Möllner sind und uns auf einer ganz kollegialen Ebene begegnen können“, sagte Eckhard Graf gleich zu Beginn und unterstrich mit den Worten „Wir“ und „Uns“ gleich das Interesse, gemeinsam über Themen nachzudenken. Eckhard Graf: „Ratzeburg und Mölln sind so nahe beieinander, dass wir regional denken müssen und nicht nur lokal.“
Wie bereits bei unserem Interview nach den ersten 100 Tagen im Amt (Herzogtum direkt berichtete) betonte Eckhard Graf die Chancen, die mit dem Wachsen der Hanse-Belt-Region entstehen können. „Wir müssen gemeinsam ein Bewusstsein schaffen für gemeinsame regionale Bezüge“, so Ratzeburgs Bürgermeister, „die Kino-Auszeichnung sollte Mut machen, diesen Weg zu gehen“. Möllns Amtskollege Ingo Schäper stimmte zu: „Alle Menschen blicken in die Region, wenn es um Gewerbe-Entwicklung und touristische Angebote geht. Auch kulturell geht es nicht um Konkurrenz, sondern um Gemeinschaft“. Natürlich müsse über Inhalte diskutiert, aber Wege gemeinsam gegangen werden. „Wir müssen mehr mit einer Zunge sprechen“, so Schäper.
Deutlich herauszuhören war, dass die Verwaltungschefs die Städte nicht in einer Konkurrenzsituation sehen. „Kein Tourist, der fünf Tage in Mölln oder Ratzeburg zu Gast ist, bleibt nur in der einen Stadt, der möchte natürlich auch die andere sehen“, ist Ingo Schäper sicher. Beide Bürgermeister betonten aber auch, dass bei einem inhaltlichen Zusammenrücken nicht auf frotzelnde Scherze verzichtet werden müsse. „Es darf gerne mal eine Spitze geben, aber bei wichtigen Themen werden wir zusammenstehen“, so Ingo Schäper.
Ein wichtiges Thema vor dem Hintergrund des 30. Jahrestages der Möllner Brandanschläge vom 23. November 1992 bleibe das Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit. „Auch Ratzeburg hat leidvolle Erfahrungen mit Rechtsradikalismus. Es gilt, sich gemeinsam Anfängen von Fremdenfeindlichkeit und sozialem Unfrieden entgegenzustellen“, sagte Eckhard Graf.
„Eine engere Zusammenarbeit unserer Städte ist nicht nur möglich, sondern auch nötig“, ist Ingo Schäper überzeugt. So sei in Mölln spürbar, dass „das Ehrenamt an einigen Stellen erschöpft“ sei. Und ein Näherrücken der Städte unterläge auch nicht nur einer „gewissen Freiwilligkeit“. Schäper: „Wenn wir auf die Personalstruktur in unseren Verwaltungen blicken, müssen wir feststellen, dass es immer schwerer wird, Nachwuchs zu finden, was bei der derzeitigen Altersstruktur aber dringend erforderlich ist. Je früher wir gemeinsam beginnen, uns Gedanken zu machen, desto besser können wir den Entwicklungen voraus sein“. Fest steht bereits, dass die beiden Bürgermeister sich weiterhin möglichst regelmäßig treffen werden und auch die jeweiligen Hauptamtsleitungen an Treffen teilnehmen sollen. Anregungen gab es auch dazu, dass sich die Jugend-Feuerwehren der Städte begegnen und die jeweiligen Kinder- und Jugendbeiräte Kontakte miteinander knüpfen.
Auf die Frage von Herzogtum direkt, ob es denn bei so viel neuem Miteinander auch vorstellbar wäre, dass ein Till Eulenspiegel sich mal in Ratzeburg zeigt und für „Unterhaltung“ sorgt, schauten sich Eckhard Graf und Ingo Schäper umgehend an und hielten einen Moment inne. Es gäbe eine Überlegung, aber das sei „noch nicht spruchreif“, sagten beide übereinstimmend. Gastgeber Martin Turowski zeigte sich nach dem gut einstündigen Gespräch zufrieden: „Das sind im Verhältnis Ratzeburg-Mölln ganz neue Töne“, so der Kinochef.