Herzogtum Lauenburg/Lübeck (pm). Die von der Politik beschlossenen Preisbremsen für Strom und Gas werden viele Unternehmen im Norden entlasten. Sie können daher dazu beitragen, die Unternehmen und ihre Wirtschaftskraft insgesamt zu erhalten. Darüber sind sich die Mitglieder des Ausschusses für Industrie und Energie der IHK zu Lübeck einig, die unter dem Vorsitz von IHK-Vicepräses Jochen Brüggen tagten.
Allerdings erwarte der Ausschuss in einigen Punkten eine Kurskorrektur, denn entgegen den Vorschlägen der Expertenkommission für Gas und Wärme sollen nun die Monate von November 2021 bis Oktober 2022 als Referenzzeitraum für die größeren Verbraucher in Gewerbe und Industrie zugrunde liegen. „Diese Berechnung würde alle Unternehmen bestrafen, die in diesem Jahr durch Effizienzmaßnahmen, Brennstoffumstellungen oder sogar Produktionseinschränkungen Gas eingespart haben“, betonte Brüggen. Sparsamkeit dürfe kein Nachteil im Wettbewerb werden, daher sei hier eine andere Lösung erforderlich.
Als weiteren kritischen Punkt sieht der Ausschuss die angedachten Vorgaben für den Nachweis des „Standorterhalts“. Vorgesehen ist, dass sich die Tarifparteien auf einen Erhalt der Arbeitsplätze verständigen, damit der Betrieb als leistungsgemessener Gaskunde in den Genuss der Preisbremse kommen kann. Es sei zwar verständlich, dass der Staat eine Unterstützung von Unternehmen verhindern wolle, die ihre Produktionskapazitäten ins Ausland verlagert haben. „Aber für viele unserer Betriebe, zum Beispiel Hotels oder größere Einzelhändler, ist eine Verlagerung überhaupt keine Option“, so Brüggen. Diese bräuchten vielmehr die Möglichkeit, auf ein Abflauen der konjunkturellen Nachfrage im Fall der Fälle auch mit Änderungen in der Personalstruktur zu reagieren.
Der Ausschuss beschäftigte sich aber auch mit der aktuellen Versorgungslage in Schleswig-Holstein. Wenn alle Verbraucher weiter sparen würden und der Winter einen eher milden Verlauf nähme, sei in den kommenden Monaten nicht mit einer Gasmangellage im Norden zu rechnen, stellten die eingeladenen Experten fest. Auch über die Fortschritte beim Bau des schwimmenden LNG-Terminals in Brunsbüttel informierte sich der Ausschuss. „Das Tempo der Realisierung zeigt, was auch in Deutschland möglich sein kann“, kommentierte Jochen Brüggen, „das stimmt optimistisch.“ Noch im Dezember soll das Terminal in Betrieb gehen.
Auch der Import grüner Gase und die Erzeugung grünen Wasserstoffs werden im Industriegebiet Brunsbüttel vorangetrieben. Von einer kleinen industriellen Revolution sprach Carsten Lorleberg von der Brunsbüttel Ports GmbH: „Grüne Energieträger und die Verfügbarkeit von Erneuerbaren Energien sind in Brunsbüttel mittlerweile die Treiber für Industrieansiedlungen.“ Damit dieser Standortvorteil des Nordens endlich sein volles Potenzial entfalten kann, fordert der Ausschuss schnellstmöglich eine neue Systematik bei den Netzentgelten. Ziel ist es, dass im Norden grün und günstig produzierter Strom bei den Unternehmen und den Haushalten nicht mit den höchsten Netzentgelten im Bundesvergleich zu Buche schlägt.