Geesthacht (pm). „Die Chancen für eine Umsetzung des Projekts sind so gut wie nie“, sagt Lukas Knipping von der Nahverkehrsgesellschaft Schleswig-Holstein (NAH.SH) und meint damit die Reaktivierung der Bahnverbindung zwischen Geesthacht und Hamburg. Der Verkehrsexperte betreut das Schienenprojekt seit rund zehn Jahren und stellte den aktuellen Stand am 26. Oktober 2022 bei der Geesthachter Einwohnerversammlung vor.
Die Ausgangslage sei vielversprechend – nicht nur, weil die rund 14 Kilometer lange Trasse bereits besteht. Geesthacht biete als wachsende Stadt in der Metropolregion Hamburg mit ihren vielen Ein- und Auspendlern ein großes Fahrgastpotenzial. Eine bis 2020 erarbeitete Machbarkeitsstudie beleuchtete mehrere Varianten, von denen sich zwei als technisch und wirtschaftlich am vorteilhaftesten erwiesen hatten.
Untersucht wurden in dem Gutachten, das im Auftrag der NAH.SH erstellt wurde, unterschiedliche Verbindungsvarianten, Zugtaktungen und Fahrgeschwindigkeiten. Laut Gutachterteam (Ingenieurgesellschaft für Verkehr- und Eisenbahnwesen in Hannover) wäre auf den Schienen, die derzeit nur vom Museumszug Karoline und für Güterverkehr genutzt werden, eine Geschwindigkeit von bis zu 80 km/h möglich. Angefahren würden zwischen Geesthacht und Bergedorf sechs Haltestellen (Geesthacht-Bahnhof, Geesthacht-West, Escheburg, Börnsen, Bergedorf-Süd und Bergedorf).
Das Fazit der Experten: Die Anbindung von Bergedorf kann als Zwischenstufe bis zu einem Realisierungszeitpunkt der Durchbindung nach Hamburg Hauptbahnhof vorgezogen werden. „Etwa 40 Prozent der Fahrgäste wollen nach Bergedorf, etwa 60 Prozent weiter in Richtung des Hamburger Zentrums fahren“, erklärt dazu Lukas Knipping.
„Bisher gab es noch keine hinreichenden politischen Beschlüsse zur weiteren Umsetzung“, sagt Lukas Knipping mit Hinweis auf die besondere Komplexität angesichts des länderübergreifenden Charakters des Projekts. Denn nur ein Teil der Strecke, rund 60 % der gesamten Streckenlänge, liegt auf Schleswig-Holsteinischem, der Rest aber auf Hamburger Gebiet. Der weitaus baulich kompliziertere Bereich (etwa durch Bahnübergänge, Brückenbauwerke, Anschluss an den Bahnhof) der Trasse liege dabei in der Hansestadt. „Aktuell läuft aber die Zeit für das Projekt. Inzwischen ist durch den Bund beispielsweise eine Förderung von bis zu 90 Prozent möglich. Zudem ist das Projekt im neuesten Landesnahverkehrsplan berücksichtigt“, ordnet Lukas Knipping ein.
„Für Geesthacht sind das gute Nachrichten. Wir fordern schon viele Jahre eine Schienenanbindung an Hamburg“, kommentiert Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze die Studienergebnisse. Er würde begrüßen, wenn auch über eine Fortführung der Trasse nach Grünhof-Tesperhude nachgedacht würde. Denn die alte Trasse führt über den Geesthachter Stadtteil Krümmel bis nach Grünhof-Tesperhude, wo mit dem Hereon ein überregional bedeutsamer Forschungsstandort mit vielen Mitarbeitenden ansässig ist. Auch Geesthachts Nachbarstadt Lauenburg hatte vor Kurzem die Einbeziehung Grünhof-Tesperhudes in die Trassenplanung gefordert. „Ich werde mich weiter für die Reaktivierung der Trasse einsetzen und in Kiel für die Umsetzung des Projekts werben“, sagt Olaf Schulze. Da hinsichtlich der Schienenanbindung Geesthachts in langen Zeitfenstern gedacht wird – das Projekt ist im landesverkehrsplan in die Kategorie „ab 2027“ einsortiert – macht sich Geesthachts Bürgermeister parallel für eine weitere ÖPNV-Maßnahme stark: eine direkte Busverbindung zwischen Geesthacht und Büchen könnte den Anteil der ÖPNV-Nutzenden der Elbestadt erhöhen. „Büchen ist ein Bahnkreuz. Von dort werden viele Strecken bedient. Eine bessere Anbindung an den dortigen Bahnhof wäre aus Sicht Geesthachts daher sehr attraktiv.“