Ratzeburg (pm). Die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein und bundesweit befinden sich aktuell in einer wirtschaftlich extrem angespannten Situation. Zu den immer noch erheblichen Auswirkungen der Corona-Pandemie sind in den vergangenen Monaten noch massive Kostensteigerungen im Sachkostenbereich – insbesondere für Energie – dazu gekommen. Das Ausmaß dieser Kostenbelastung ist jetzt bereits erheblich und in seiner Gesamtauswirkung kaum abschätzbar. Gesetzliche Sicherungsmaßnahmen existieren nur noch rudimentär (Corona) oder gar nicht (Inflation/Energiekosten). Verantwortlich ist die Bundespolitik, die bisher notwendige Rechtsänderungen nicht auf den Weg gebracht hat.
Im Rahmen einer bundesweit abgestimmten Kampagne wollen die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die 16 Landeskrankenhausgesellschaften auf die Probleme der Kliniken aufmerksam machen und fordern Aktivitäten der Bundespolitik ein. Parallel zur Aktion der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein in Kiel demonstrierten Mitarbeitende des DRK-Krankenhauses Mölln-Ratzeburg am Dienstag, 27. September 2022, ab 12.30 Uhr vor dem Klinikgebäude, Röpersberg 2.
„Die deutschen Krankenhäuser sind in Gefahr. Die Personalnot wird immer größer. Vielen Kliniken steht das Wasser bis zum Hals“, erklärte Dr. Andreas Schmid, Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor des DRK-Krankenhaus Mölln-Ratzeburg mit Verweis auf einen Bericht des Deutschen Krankenhauses Instituts von August 2022. Demnach machten rund 60 Prozent der Krankenhäuser bereits Verluste. Weit über 90 Prozent der Kliniken seien nicht mehr in der Lage, die aktuellen Kostensteigerungen aus den regelhaften Erlösen zu refinanzieren. Für 87 Prozent der Häuser sei ein Rückgriff auf vorhandene Rücklagen nicht mehr möglich. Fast die Hälfte der Kliniken melde, dass sie eine kritische Liquiditätslage haben und auf Zuschüsse ihrer Träger oder Bankkredite angewiesen sind, um die laufenden Rechnungen zu bezahlen. Schmid: „Alleine die Energiekosten für die Kliniken steigen von 2,6 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 7,3 Milliarden Euro im Jahr 2023.“
Zu den konkreten Auswirkungen am DRK-Krankenhaus Mölln-Ratzeburg verwies Dr. Andreas Schmid unter anderem auf die Coronalage: „Hatten wir in 2021 noch 266 Covid-Fälle bei uns im Haus, waren es bis Mitte September 2022 schon 530 Fälle. Die Hälfte dieser Fälle betraf Mitarbeiter des Klinikpersonals. Gleichzeitig liefen die Coronakompensationen aber zu Ende Juni 2022 aus.“
- Nicht kompensierter Erlösverlust: 1 Millionen Euro
- Mehraufwand durch Kostensteigerungen 1 Millionen Euro
- Energiekosten + 100 Prozent (1 Krankenhausbett=1 Einfamilienhaus) +420.000 Euro gesamt 820.000 Euro
- Tarife und Personalagenturen für Leiharbeit ITS 600.000 Euro
- Allgemeine Inflation zirka +8 Prozent
- Steigerung Landesbasisfallwert 2022 + 2,3 Prozent
- Allgemeine Erlös/Ausgabenschere DRK-Krankenhaus 1,6 Millionen Euro in 2022
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Auch das DRK-Krankenhaus Mölln-Ratzeburg habe mit Personalmangel bei Pflegekräften und Ärzten zu kämpfen, was für das Klinikpersonal eine erhebliche Mehrbelastung darstelle. Trotzdem gibt es die steuerfreie Coronazulage (1.500 Euro) nur für Fachpflegeleistungen „am Bett“. Für Ärzte sind bislang überhaupt keine Coronazulagen vorgesehen.
„Um keinen falschen Eindruck zu erwecken“, betonte Dr. Andreas Schmid, „Das DRK-Krankenhaus Mölln-Ratzeburg befindet sich weiterhin bezüglich der medizinischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im oberen Viertel der ‚Krankenhausliga‘ aller Akutkrankenhäuser in Deutschland. Damit das so bleibt, muss die Bundesregierung jetzt handeln und dringend einen Inflationsausgleich für die Krankenhäuser auf den Weg bringen. Gemeinsam mit den Krankenhäusern muss die angekündigte Reform der Krankenhausversorgung und -finanzierung auf den Weg gebracht werden.“ Ziele müssten dabei eine qualitativ hochwertige, effiziente, wohnortnahe und moderne Patientenversorgung, eine spürbare Entbürokratisierung sowie eine ausgeprägte Patientenorientierung sein.
„Am Ende noch eines: Wer kein Gas hat friert, sterben die Krankenhäuser, dann sterben auch die Menschen vor allem in ländlichen Regionen!“, mahnte Dr. Andreas Schmid abschließend.