Herzogtum Lauenburg (pm). Tourismus-Boom nach Corona-Flaute: Der Kreis Herzogtum Lauenburg verzeichnete im ersten Halbjahr des Jahres rund 285.000 Übernachtungen von Gästen aus dem In- und Ausland – 66 Prozent mehr als in der ersten Jahreshälfte 2021. Denn im vergangenen Jahr galt zum Teil noch ein Beherbergungsverbot bei Privatreisen, das als „Tourismus-Bremse“ gewirkt hat. Darauf macht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten aufmerksam. Die NGG beruft sich dabei auf aktuelle Angaben des Statistischen Landesamtes.
„Dass wieder viel mehr Urlauber und Geschäftsreisende in den Kreis Herzogtum Lauenburg kommen, ist für das Hotel- und Gaststättengewerbe eine gute Nachricht – vor allem auch für die Beschäftigten. Nach zweieinhalb Jahren Pandemie kehrt die Branche Stück für Stück auf das alte Niveau zurück“, sagt Sarah Witte, Gewerkschaftssekretärin der NGG-Region Hamburg-Elmshorn. Von der „Normalität“ seien viele Hotels, Pensionen und Wirtshäuser aber noch weit entfernt. Der Grund: Den Unternehmen gelingt es nach Beobachtung der Gewerkschaft kaum, genug Personal für die wachsende Arbeit zu finden.
Zwar hätten derzeit viele Branchen mit dem Mangel an Fachleuten zu kämpfen, doch im Gastgewerbe falle die Suche nach qualifizierten Kräften besonders schwer. Das liege vor allem an den Arbeitsbedingungen, urteilt Witte. So klagten im letzten DGB-Ausbildungsreport 59 Prozent der angehenden Hotelfachleute und 54 Prozent der Azubis in der Küche, regelmäßig Überstunden machen zu müssen – ein Spitzenwert. „Wer im Gastgewerbe arbeitet, ist nicht nur spätabends oder am Wochenende im Einsatz. Die Beschäftigten erfahren oft auch erst am Vortag vom Chef, dass sie einspringen sollen. Zum Beispiel, weil sich die Wettervorhersage geändert hat und einen Run auf den Biergarten erwarten lässt. So kann aber niemand seinen Alltag planen – schon gar nicht, wer Kinder hat“, so Witte. Nach Einschätzung der Gewerkschafterin ist ein erheblicher Teil der rund 2.330 Menschen, die das Gastgewerbe im Herzogtum laut Arbeitsagentur beschäftigt, von dieser „Arbeit auf Abruf“ betroffen.
Wer sich für die Branche entscheide, wisse, dass die Arbeitszeiten anders seien als in einem Büro-Job. „Wichtig ist zugleich eine Personaldecke, die dick genug ist, um auch kurzfristig Events wie Geburtstage oder Hochzeiten ausrichten zu können“, betont Witte. Um Arbeitszeit und Dienstplanung fair zu regeln, sollten sich die Betriebe zu tariflichen Standards bekennen. Dort, wo es einen Betriebsrat gebe – etwa in Hotelketten oder in der Systemgastronomie – könnten sozialverträgliche Lösungen mit der Arbeitnehmervertretung gefunden werden.
Die Gewerkschafterin verweist auf den aktuellen Manteltarifvertrag für das Gastgewerbe in Schleswig-Holstein. Der schreibt vor, dass Dienstpläne zwei Wochen im Voraus zu erstellen sind – „ein Beitrag für mehr Work-Life-Balance“. „Eine NGG-Mitgliedschaft hilft dabei, solche vereinbarten Ansprüche durchzusetzen“, sagt Witte.
In einem entscheidenden Punkt seien Hotels und Gaststätten als Arbeitgeber bereits attraktiver geworden: Die Löhne in der Branche steigen nach dem aktuellen Tarifvertrag für Schleswig-Holstein in diesem und nächstem Jahr um insgesamt bis zu 22 Prozent. „Das ist ein enormer Schub fürs Portemonnaie der Beschäftigten. Jetzt kommt es darauf an, dass die Firmen den Tariflohn auch zahlen – und bei den Arbeitsbedingungen nachlegen“, so die NGG.