Herzogtum Lauenburg/Geesthacht (pm). Jeder Mensch hat das Recht auf selbstbestimmtes Sterben, was auch Hilfe umfasst. Dies hat das Bundesverfassungsgericht, abgeleitet aus den Grundrechten, 2020 festgestellt. Das seit 2015 geltende Verbot der geschäftsmäßigen Suizidhilfe wurde damit für verfassungswidrig erklärt. Derzeit berät der Bundestag über eine Regelung zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben. Darüber diskutierte die SPD Geesthacht mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Nina Scheer im vollbesetzten Krügerschen Haus.
Nach der Begrüßung und Einführung durch die beiden Ortsvereinsvorsitzenden Katrin Fischer und Muammer Kazanci stellte Nina Scheer die aktuellen drei Gesetzentwürfe vor, die im Bundestag im Herbst in Form von fraktionsübergreifenden Gruppenanträgen weiter beraten werden. Wesentliche Unterschiede liegen dabei in der Frage der Strafbarkeit der Beihilfe zum Suizid und unterschiedlichen Anforderungen an die Beratungen. Während ein Entwurf eine grundsätzliche Regelung im Strafrecht vorsieht, die nur in Ausnahmen eine Sterbehilfe als gerechtfertigt annimmt, normieren die beiden anderen Gesetzentwürfe Voraussetzungen für Beratungen zur Ausgestaltung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben – ohne eine Erweiterung des Strafrechts. Nina Scheer selbst unterstützt als Mitunterzeichnerin den Entwurf „Künast, Scheer, Keul, Franke“, der keine Regelung im Strafrecht vorsieht.
Dr. Nina Scheer: „Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben ist grundgesetzlich veranlagt. Es ist Bestandteil von Leben, über den Weg aus dem Leben selbst zu bestimmen. Dem widerspräche es aus meiner Sicht, wenn Suizidhilfe gesetzlich grundsätzlich strafbar würde. Hiermit würde zugleich eine weitere Kriminalisierung und Stigmatisierung von Beteiligten sowie Tabuisierung von Sterbewünschen riskiert.“ Das Verfassungsgericht normierte in seinem Urteil, dass das Grundrecht jederzeit und unabhängig beispielsweise vom Vorliegen tödlicher Krankheiten besteht. In allen Fällen muss der Sterbewunsch ernsthaft, dauerhaft und autonom sein.
„Um dies unter Berücksichtigung der Lebensumstände sicherzustellen, sieht der von mir unterstütze Entwurf verschiedene Zugangsvoraussetzungen zu Betäubungsmitteln für Betroffene in medizinischen Notlagen einerseits und den allgemeinen Voraussetzungen andererseits vor. In allen Fällen handelt es sich um den assistierten Suizid. Die aktive Sterbehilfe, also zum Beispiel wenn ein Arzt dem Patienten ein tödliches Mittel auf Verlangen verabreicht, bleibt strafbar,“ so Scheer.
Muammer Kazanci, Co-Vorsitzender der SPD Geesthacht: „Jeder Mensch wird irgendwann sterben. Es ist unsere Aufgabe als Gesellschaft, das Thema nicht zu tabuisieren. Dies würde insbesondere denen schaden, die eben aufgrund eines ernsthaften, dauerhaften und autonomen Willens das ihnen zustehende Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben verwirklichen wollen. Mit einer gesetzlichen Neuregelung würde endlich Klarheit geschaffen und den Betroffenen Rechtssicherheit gegeben werden. Gleichzeitig wurde deutlich, dass keiner der Gesetzentwürfe das Ziel verfolgt, den assistierten Suizid zu fördern. Dafür sind überall Schutzmechanismen vorgesehen. Die Veranstaltung zeigte, von welch hoher Relevanz das Thema ist. Es freut uns, dass wir einen Teil zur gesellschaftlichen Meinungsbildung hierüber beitragen konnten.“ Weitere Informationen finden sich hier: https://www.nina-scheer.de/wp-content/uploads/sites/1229/2022/07/2022-06-17_Dr._Nina_Scheer_Recht_auf_selbstbestimmtes_Sterben1_.pdf