Herzogtum Lauenburg (pm). Die Mitglieder des regionalen Ausbildungsbündnisses der Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg haben sich heute in der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe getroffen und zur aktuellen Situation am Ausbildungsmarkt ausgetauscht. Sie appellieren an die Jugendlichen: „Das Ausbildungsangebot ist da! Die Chancen, selbst kurzfristig für dieses Jahr noch eine Ausbildungsstelle zu finden, sind besser denn je. In fast jedem Bereich finden sich interessante Ausbildungsangebote.“ Es gibt jedoch etliche Schülerinnen und Schüler, die noch nicht als Ausbildungsbewerberinnen und -bewerber aktiv geworden sind. Das spüren die Unternehmen in beiden Kreisen: Viele ihrer Ausbildungsplätze zum Ausbildungsstart im Herbst sind nicht besetzt.
Der Ausbildungsmarkt in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg leidet unter den Nachwirkungen der Corona – Pandemie, insbesondere auf Seiten der Jugendlichen. Bis April 2022 fällt die Zahl der bei der Agentur für Arbeit registrierten Ausbildungsbewerberinnen und -bewerber gegenüber den Vorjahren deutlich zurück. Über beide Kreise sind es bislang 1.126 Jugendliche (aus dem Kreis Stormarn 548, aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg 578), die sich bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe als ausbildungssuchend gemeldet hatten. Das ist die niedrigste Zahl der vergangenen 20 Jahre.
Beim Lehrstellenangebot ging die Zahl der bei der Arbeitsagentur gemeldeten Ausbildungsstellen mit 2.172 (Stormarn 1.344, Herzogtum Lauenburg 828) zum Vorjahr zwar um 97 oder 4,3 Prozent zurück, blieb aber auf hohem Niveau. Die knapp 2.200 Lehrstellen sind der vierthöchste Wert der letzten zehn Jahre. Davon sind aktuell noch 1.342 Ausbildungsstellen unbesetzt (Stormarn 795, aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg 547). Gleichzeitig sind 566 Bewerberinnen und Bewerber (Stormarn 269, Herzogtum Lauenburg 297) weiter auf der Suche nach einer Lehrstelle.
Kathleen Wieczorek, Chefin der Oldesloer Agentur für Arbeit, sieht die Entwicklung bei den Ausbildungsbewerberinnen und – bewerbern auch in der pandemischen Lage bis zum Frühjahr begründet. „Zwei Jahre Pandemie mit eingeschränkten oder sogar gänzlich fehlenden Präsenz-Angeboten zur beruflichen Orientierung und Berufsberatung machen sich bemerkbar und lassen sich nicht kurzfristig wieder aufholen“, sagt sie. Auch haben vielen Jugendlichen die Angebote von Messen oder betrieblicher Praktika gefehlt. „Zudem mag auch eine Unsicherheit, wie sich die einzelnen Branchen zukünftig wirtschaftlich entwickeln, eine Rolle gespielt haben. Diese hat dafür gesorgt, dass sich Jugendliche entschieden haben, Ausbildungswege jenseits der Lehre einzuschlagen, den Schulbesuch zu verlängern oder den Einstieg in eine Ausbildung zu verschieben. Dabei sind Sorgen um ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt aufgrund der Corona-Pandemie völlig unbegründet. Die Unternehmen haben ihre Ausbildungsangebote zu jeder Zeit auf hohem Niveau aufrechterhalten. Der Ausbildungsmarkt ist in unserer Region immer stabil geblieben. Jetzt gilt es, die Jugendlichen verstärkt wieder für die duale Ausbildung zu interessieren und zu gewinnen. Unsere Berufsberaterinnen und Berufsberater haben ihre Präsenzangebote an den Schulen deutlich ausgebaut und intensiviert. Mein Appell an die Jugendlichen: Nutzt die Unterstützung unserer Expertinnen und Experten. Aber auch die Unternehmen sollten jetzt nochmal aktiv werden und zum Beispiel wieder in großem Umfang Praktika für Schülerinnen und Schüler anbieten. Jeder fehlende Azubi heute ist eine fehlende Fachkraft von morgen.“
Für das Handwerk bestätigen Marcus Krause, Geschäftsführer der Stormarner Kreishandwerkerschaft, Susanne Bendfeldt, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft im Herzogtum Lauenburg sowie Christian Maack, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer die Agenturchefin: „Wie bereits im vergangenen Jahr auch fehlen die Präsenzmaßnahmen und – angebote, um die Jugendlichen zu erreichen und für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern. Durch ausgefallene Betriebspraktika, Ausbildungsmessen und andere Berufsorientierungsmaßnahmen fehlt vielen jungen Menschen die Information zu den großen Karrierechancen im Handwerk.“
Krause berichtet für das Handwerk im Kreis Stormarn, dass es aktuell mehr freie Ausbildungsplätze als im Vorjahr gibt. „Schon im vergangenen Jahr konnten nicht alle Ausbildungsplätze in den Handwerksbetrieben besetzt werden“, sagt der Geschäftsführer und weist auch darauf hin, dass die Betriebe Praktika ermöglichen. Aufgrund der hohen Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen gibt es aktuell in allen handwerklichen Berufen noch zahlreiche freie Ausbildungsplätze, so Krause. Aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg ergänzt Bendfeldt: „Aufgrund der großen Ausbildungsbereitschaft der Handwerksbetriebe in unserem Kreis konnten viele Ausbildungsplätze besetzt werden. Die Kreishandwerkerschaft beteiligt sich an vielen Konzepten für die Berufsorientierung, um ihre Mitgliedsbetriebe bei der Besetzung von Praktikums- und Ausbildungsplätzen zu unterstützen. Die Nachfrage bei unseren Innungsbetrieben zeigt jedoch, dass noch viele Stellen unbesetzt sind. Handwerklich Interessierte finden in fast allen Handwerksberufen freie Ausbildungsstellen.“
Auch Christian Maack, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer sieht, dass bei unverändert hohem Bedarf der Handwerksbetriebe nach Fachkräften die Besetzung der freien Ausbildungsstellen immer noch unter den Folgen der Corona-Pandemie leidet. „Wir raten allen Schülerinnen und Schülern, die in diesem Jahr die Schule verlassen: Nutzt die Zeit bis zum Ausbildungsbeginn nach den Sommerferien und schnuppert in verschiedenen Betrieben Ausbildungsluft. Es gibt für jedes Interesse einen geeigneten Ausbildungsberuf im Handwerk“, erklärt Maack und berichtet zu den bislang abgeschlossenen Lehrverträgen im Handwerk: „Im Kreis Stormarn sind aktuell 118 Ausbildungsverträge eingetragen, zwölf oder 9,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Handwerksbetriebe aus dem Herzogtum Lauenburg haben bislang 114 Ausbildungsverträge gemeldet, was acht weniger zum Vorjahr sind.“
Dr. Ulrich Hoffmeister, Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung bei der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck, bestätigt die Erfahrungen von Seiten des Handwerks: „Mit digitalen Angeboten erreichen wir die Schülerinnen und Schüler nicht so wie mit Präsenzveranstaltungen. Die jetzt möglichen Messen und Praktika können die Defizite des letzten Jahres nicht mehr ausgleichen. Es sind jetzt rund ein Viertel der zu erwartenden Ausbildungsverträge bei uns eingetragen. Im Kreis Stormarn sind dies aktuell 205, vierzig weniger als im Vorjahr. Für den Kreis Herzogtum Lauenburg zählen wir 91 Ausbildungsverträge und damit sieben weniger als vergangenes Jahr. Aber auch unsere Ausbildungsunternehmen berichten, dass ihnen Bewerberinnen und Bewerber fehlen. Wer auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz ist, hat immer noch eine große und breite Auswahl.“
Die Beruflichen Schulen in Bad Oldesloe und Ahrensburg sowie das Berufsbildungszentrum Mölln freuen sich darüber, dass durch die Rücknahme der pandemiebedingten Einschränkungen wieder mehr Maßnahmen zur Berufsorientierung möglich sind. Johannes Kahlke, Schulleiter der Beruflichen Schule in Ahrensburg: „Unser gemeinsames Ziel ist es, dass viele Schulabgängerinnen und -abgänger anschließend eine Perspektive haben, zu der auch der Einstieg in eine duale Berufsausbildung gehört. Vielen Schülerinnen, Schülern und Eltern ist nicht bewusst, dass im Rahmen einer dualen Berufsausbildung auch allgemeinbildende Schulabschlüsse, bis hin zur Fachhochschulreife, erlangt werden können.“
Schulische Orientierungspraktika, Praxisunterrichte in den schulischen Unterrichtswerkstätten, Hilfe beim Schreiben von Bewerbungen oder Bewerbungstrainings sind nur einige Angebote, die die berufsbildenden Schulen ihren Schülerinnen und Schülern anbieten. Abgerundet wird das Beratungsangebot auch durch die Berufsberatung der Arbeitsagentur in der Schule, die in Einzelgesprächen junge Menschen bei ihrem Weg in die Berufsausbildung begleitet.
In den zurückliegenden Monaten ist ein besonderer Schwerpunkt der berufsbildenden Schulen auch die Beschulung von geflüchteten Jugendlichen, zu denen seit den Osterferien auch ukrainische Schülerinnen und Schüler gehören. In gemeinsamer Anstrengung des Landes und der berufsbildenden Schulen ist es gelungen, ukrainische Lehrkräfte einzustellen, die auch beim Erwerb der deutschen Sprache behilflich sind. Ziel ist es, möglichst vielen Schülerinnen und Schülern den Sprachkompetenzerwerb zu ermöglichen, dass anschließend auch die Aufnahme einer Berufsausbildung möglich ist.
Termine für eine Berufsberatung bekommen interessierte Schülerinnen und Schüler über die Hotline 0 45 31 – 167 154 oder sie schreiben eine E-Mail an badoldesloe.berufsberatung@arbeitsagentur.de.