Ratzeburg (pm). Die Arbeitsbelastungen für Ärzte sind hoch und in Folge der Pandemie noch höher geworden. Der Marburger Bund, die gewerkschaftliche, gesundheits- und berufspolitische Interessenvertretung aller angestellten und verbeamteten Ärztinnen und Ärzte in Deutschland, hat für den 31. März 2022 zu bundesweiten Warnstreiks aufgerufen. Anlass sind bislang gescheiterte Tarifverhandlungen mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA).
Während die zentrale Kundgebung des Bundesverbandes in Frankfurt am Main sowie ein bundesweiter Warnstreik geplant ist, setzen auch Ärzte des DRK-Krankenhauses Mölln-Ratzeburg ein Zeichen der Solidarität. „Der aktuelle gültige Tarifvertrag hat eine gewisse Arbeitserleichterung gebracht, welche jedoch noch nicht ausreichend ist. Und selbst diese Fortschritte sollen rückgängig gemacht werden. Uns ist es wichtig, dass es uns nicht um die Verhältnisse im DRK-Krankenhaus geht. Denn die politischen Rahmenbedingungen werden hier arbeitnehmergerecht umgesetzt und die Verwaltung versucht die Arbeitsbelastung gering zu halten. Trotzdem sind unsere Tarifregelungen weit entfernt von einem normalen Arbeitsleben. So ist es tariflich generell möglich lediglich viermal 24 Stunden pro Monat frei zu haben. Dies sind zu geringe Erholungsphasen für den hohen Anspruch dieses Jobs. Uns geht es daher heute darum, unsere Solidarität zu bekunden mit anderen Kollegen, die unter wesentlich schwierigeren Bedingungen arbeiten“, erklärt Ärztin Janine Dekarski den Hintergrund der Ratzeburger Protestaktion, die bewusst nicht zu Lasten der Patienten geht.
Verlässliche Ruhezeiten, weniger Belastung und 5,5 Prozent mehr Gehalt – das sind in aller Kürze die offiziellen Forderungen des Marburger Bundes in der Tarifrunde für Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte/VKA). „Man fühlt sich von den Arbeitgeberverbänden auf den Fuß getreten. Deren Forderungen sind ein Rückschritt von dem, was bereits erkämpft wurde“, so Janine Dekarski weiter. „Unverständlicherweise fordern die Arbeitgeber Verbände bei noch bestehender erhöhter Arbeitsbelastung durch die Corona-Pandemie ein Rückschritt im Bereich der Arbeitsbedingungen“, ergänzt ihre Kollegin Dr. Frauke Grottke. Man brauche Arbeitsbedingungen, die auch eine planbare Freizeitgestaltung und Familienleben gewährleisten. „Wir fordern kein großes Geld, sondern normale Arbeitsbedingungen wie zwei verlässlich planbare freie Wochenenden pro Monat und Arbeitszeiterfassung“, beschreibt Dr. Frauke Grottke die bundesweiten Forderungen. In Ratzeburg würde zum Beispiel die Arbeitszeiterfassung „penibel“ eingehalten. „Aber das sollte deutschlandweit der Normalzustand sein. Und wir wollen hier in Ratzeburg erhalten, was wir haben. Daher uns ist es wichtig eine hohe Qualität für die Menschen in der Region liefern zu können“, so die beiden Medizinerinnen abschließend.
Auch Dr. Andreas Schmid, Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor des DRK-Krankenhaus Mölln-Ratzeburg solidarisiert sich mit den grundsätzlichen Forderungen seiner Mitarbeiter nach bundesweit fairen Rahmenbedingungen: „Um die Situation der Assistenzärzte und die Patientenversorgung zukunftssicher zu gestalten, muss die Anzahl der Studienplätze in der Medizin von derzeit ca. 11.000 auf mind. 13.000/anno erhöht und die Finanzierung der Assistenzarztstellen in den Kliniken außerhalb der Fallpauschalen in Analogie zum 2020 eingeführten Pflegepersonalbudget organisiert werden. Zudem werden 50% der ärztlichen Arbeitszeit durch Dokumentationsaufgaben missbraucht. Würden diese Aufgaben, wie vorrübergehend in der Pandemie geschehen, um 50% reduziert, würde der Arztanteil am Patientenbett alleine durch diese Maßnahme um 25% steigen.“