Ratzeburg (pm). Vor wenigen Tagen, am 3. Februar 2022, wurde die geburtshilfliche Abteilung des DRK Krankenhauses Mölln Ratzeburg überraschend geschlossen. Die SPD im Kreis Herzogtum Lauenburg und die Sozialdemokratinnen der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) zeigen sich entsetzt über die Schließung des Kreißsaales und das damit offenbarte Versagen der Politik und unterstützen die Forderungen des Hebammenverbandes Schleswig- Holstein, die in einem Brandbrief vom 7. Februar 2022 an die Jamaika-Landesregierung gerichtet wurden.
Die Schließung der Geburtshilfe in Ratzeburg kam überraschend über Nacht, obgleich bereits ein Viertel aller Kreißsäle im Land innerhalb der letzten zehn Jahre geschlossen wurden. Die Kreisvorsitzende der ASF und stellvertretende Kreisvorsitzende der SPD, Jennifer Fröhlich, kritisiert das Vorgehen scharf: „Die Schließung der Geburtshilfe in Ratzeburg ist ein Skandal. Erneut fällt ein Kreißsaal einem rein profitorientierten und damit untragbaren Verständnis von Gesundheitsversorgung zum Opfer. Die Bedürfnisse der werdenden Eltern werden missachtet. Die Arbeitsbedingungen der Hebammen sind weiterhin prekär und werden durch Schließungen noch verschärft. Die Argumente, mit denen dies begründet wird, sind Augenwischerei.“
Der Vorsitzende der SPD im Kreis Herzogtum Lauenburg, Manfred Börner, zeigt mögliche Folgen der Kreißsaal-Schließung auf: „Werdende Eltern müssen nun spontan auf andere Einrichtungen ausweichen und dabei unter Umständen weite Anfahrtswege auf sich nehmen. Insbesondere die Kurzfristigkeit der Schließung kann traumatische Folgen für die betroffenen Familien haben, die in einer der sensibelsten Lebensphasen über Nacht umplanen mussten. Die östlichsten Orte unseres Kreises sind nun kaum noch geburtshilflich angebunden. Fahrtzeiten von über 45 Minuten zur nächsten Geburtsklinik werden für Eltern aus Gudow oder Sterley nun traurige Realität.“ Dem Kreis Herzogtum Lauenburg bleibt mit der Geburtshilfe des Johanniter-Krankenhauses Geesthacht nur noch eine einzige geburtshilfliche Einrichtung. Hebammengeleitete Kreißsäle oder Geburtshäuser gibt es im Kreis nicht. Die Angebote für hebammenbetreute Hausgeburten sind rar, der Hebammenmangel im Kreis ist deutlich spürbar.
„Wir fordern seit langem die Sicherstellung und den Ausbau der wohnortnahen geburtshilflichen Angebote in unserer Region. Dabei unterstützen wir die Forderungen des Brandbriefes des Hebammenverbandes Schleswig-Holstein nach einem Umdenken in der Geburtshilfe ausdrücklich.“, so Fröhlich weiter. Hierzu gehören nicht nur die Förderung einer physiologischen Geburt, die Sicherstellung einer wohnortnahen, verlässlichen und bedarfsgerechten 1:1- Betreuung und gute Arbeitsbedingungen für Hebammen, sondern auch die Abschaffung der Fallkostenpauschale in der Geburtshilfe.
Entsprechend äußert sich auch die SPD-Landtagskandidatin Doro Siemers, in deren Wahlkreis das DRK Krankenhaus Mölln Ratzeburg liegt: „Das Thema ist komplex, deshalb ist es nicht länger hinzunehmen, dass die Zentralisierung von Geburtshilfe so vereinfacht begründet wird. Die Fallkostenpauschale in der Geburtshilfe muss dringend abgeschafft werden, denn mit ihr wird Geburtshilfe immer ein Minus-Geschäft sein. Die Schließung des Ratzeburger Kreißsaales mit dem Fehlen des ärztlichen Personals und den zu geringen Fallzahlen zu begründen, wegen denen die Kompetenz in Notfallsituationen nicht sichergestellt werden könne, ist eine Unverschämtheit. Hebammen gehören zu den am besten aus- und fortgebildeten Fachkräften überhaupt. Ihnen ihre Kompetenz aufgrund sinkender Fallzahlen abzusprechen, ist eine Frechheit. Als Sozialdemokratinnen und -Demokraten lehnen wir die Zentralisierung der Geburtshilfe ab und fordern weiterhin, die Gründung hebammengeleiteter Geburtseinrichtungen, insbesondere in ländlichen Gebieten des Landes, politisch stark zu fördern.“
„Die Schließung der Geburtshilfe in Ratzeburg ist ein weiterer Beweis dafür, mit welcher Ignoranz die Landesregierung Hebammen und Eltern behandelt. Hier steht ganz offenkundig wirtschaftlicher Gewinn vor dem Wohle des Menschen. Schaut man sich an, wer diese Entscheidungen gegen Kreißsäle und gute Geburtenversorgung trifft, sieht man Räume voller alter Männer. Hieran wird mal wieder deutlich, wie dringend Frauen und junge Eltern in der Politik gebraucht werden. Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten des Kreises stehen klar an der Seite der Geburtshelferinnen, Geburtshelfer und Eltern: denn es ist nicht egal, wie und wo man geboren wird.“, schließt Fröhlich, die neben dem politischen Ehrenamt selber werdende Hebamme ist, ab.