Ratzeburg (tbi). Die öffentliche Diskussion um künftige Ladenflächen im Neubau des ehemaligen Gebäudes der Kreissparkasse schlägt weiter hohe Wellen. In den sozialen Medien wird über die Ansiedlung eines Discounters direkt am Ratzeburger Marktplatz diskutiert. Mit einer Pressemitteilung hat die Freie Ratzeburger Wählergemeinschaft (FRW) für Unruhe in der Stadtvertretung und im Bauausschuss gesorgt. In der jüngsten Sitzung fielen Wörter wie „Vertrauensschaden“ und „Vertrauensverlust“.
Vertreter der FRW hatten deutlich gemacht, dass sie der Ansiedlung eines Discounters im Zentrum der Stadt im Rahmen des B-Plan-Verfahrens nicht zustimmen könnten. Ziel müsse es sein, „eine möglichst breite Zustimmung bei den Ratzeburger Bürgerinnen und Bürgern“, hieß es in der Mitteilung. Die CDU-Fraktion sähe – so in der Verlautbarung der FRW – „die Ansiedelung des großflächigen Discountmarktes mangels Alternativideen als unkritisch“, hieß es dort.
Vertreter der FRW hätten das Gespräch mit der neuen Eigentümerin, der Modulus Real Estate GmbH gesucht und sich dort erfolgreich verständigt, dass eine zweite Variante entwickelt werden soll, die statt eines Discounters zwei bis drei kleinere Einzelhandelsflächen vorsieht. Dieses unabgestimmte Vorgehen der FRW sei ein „Vertrauensverlust“ und habe zu einem „Vertrauensschaden“ innerhalb der Stadtpolitik geführt, begründete Dr. Ralf Röger, Fraktionsvorsitzender der CDU, den Antrag, dieses Vorgehen in die Tagesordnung mit aufzunehmen.
Lars Rothfuß (CDU) zeigte sich verärgert, dass man erst durch die Presse und die sozialen Medien von der Initiative der FRW erfahren habe und sieht Vertrauen verspielt. Insbesondere kritisierte Rothfuß, dass neben Andreas von Gropper und Jürgen Hentschel auch der Vorsitzende des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses Werner Rütz (alle FRW) die Gespräche mit der Modulus Real Estate geführt hätte. „Für den Rest der Legislatur sollten wir uns alle noch einmal am Riemen reißen“, appellierte Lars Rothfuß (Anm. der Redaktion: Die nächsten Kommunalwahlen finden im Frühjahr 2023 statt).
„Diese Pressemitteilung war nicht abgesprochen und von uns nicht freigegeben“, sagte Holger Eickhoff, Geschäftsführer der Modulus Real Estate. Gleichzeitig versprach Eickhoff, ein alternatives Nutzungskonzept für die Ladenflächen entwickeln zu lassen. Andreas von Gropper verteidigte das Vorgehen der FRW: „Wir wollen uns mit Alternativlosigkeit nicht abfinden und verwahren uns gegen die Instrumentalisierung des Ausschussvorsitzenden.“ Die FRW habe einen politischen Erfolg in einer Pressemitteilung verarbeitet. „In der Rückschau mag das politisch ein Fehler gewesen sein“, so von Gropper. Aber: „Ich entschuldige mich schon gar nicht dafür, den politischen Erfolg der FRW darzustellen. Eine Abstimmung mit der Modulus wäre allerdings besser gewesen“, so Ratsherr von Gropper.
Uwe Martens, Fraktionsvorsitzender der SPD, nannte den Vorgang ein „kommunikatives Desaster“. Dr. Röger gab zu Protokoll, dass er lediglich gesagt habe, dass ein „Netto“ besser als Leerstand wäre, wenn es keine Alternative gäbe.
Nach einer Pause und einer etwa 45-minütigen nicht-öffentlichen Beratung entschied der Ausschuss mit zehn Ja-Stimmen bei einer Gegenstimme, dass fortan das Konzept des Neubaus mit kleineren Einzelhandelsflächen verfolgt werden soll. Weiterhin Bestand in den Planungen hat die Premium-Filiale der Kreissparkasse sowie der Neubau von bis zu 60 Wohnungen und der Tiefgarage auf zwei Ebenen.
Sitzungssplitter:
Der Ausschuss ließ sich einen Sachstandsbericht zu der städtebaulichen Gesamtmaßnahme durch den Sanierungsträger BIG-Städtebau GmbH geben. Dazu zählen unter anderem der Neubau Aqua Siwa und die ehemalige Ernst-Barlach-Schule. Insgesamt sind laut Finanzierungsplan 20.361.000 Euro bis 2025 vorgesehen. Hier wurde erneut seitens der CDU bemängelt, dass es keine Priorisierungen gäbe. „Bislang ist nichts sichtbar geworden“, so Dr. Röger. Ausschussvorsitzender Werner Rütz dazu: „Wir sind optimistisch.“
Der Ratzeburger Ruderclub plant einen Abriss des Vereinsgebäudes und einen zweigeschossigen Neubau an gleicher Stelle. Eine Empfehlung an die Stadtvertretung, diesem Antrag zuzustimmen, erfolgte einstimmig.
Von den insgesamt 28 Tagesordnungspunkten waren mehr als die Hälfte zur nicht-öffentlichen Beratung vorgesehen.
„Lange Gesichter“ bei der Freiwilligen Feuerwehr und der DLRG: Unter Punkt 11 sollte über die Errichtung einer Fahrzeughalle für die Feuerwehr am Standort Vorstadt beraten und auch Beschlüsse gefasst werden. Die DLRG ist am gleichen Standort an einer Unterbringung ihrer Fahrzeuge ebenfalls interessiert, da sie derzeit kostspielig eine Halle anmieten muss. Malte Allrich, stellvertretender Vorsitzender der DLRG Ratzeburg, erinnerte den Ausschuss daran, dass es bereits 2018 einen Beschluss gegeben habe, Unterstellmöglichkeiten für die DLRG in der Vorstadt zu schaffen. Nach Wiedereintritt in den öffentlichen Teil beschloss der Ausschuss jedoch um 21.48 Uhr einstimmig, diese Beratung aufgrund der vorgerückten Zeit auf die Sitzung am 14. März zu vertagen.
Mit Ausnahme von Mouadh Ouerghui verfolgten die Kandidaten für das Ratzeburger Bürgermeisteramt die Ausschusssitzung in der Aula der Gelehrtenschule.