Ratzeburg (pm). Am Sonntag, 7. November versammelten sich über 30 Menschen aus dem Lauenburgischen wie dem Mecklenburgischen im Ratzeburger Kreismuseum, um der Frage nach den Zukunftsperspektiven der Region um den Schaalsee herum nachzugehen. Eingeladen hatte Sabine Egelhaaf vom Lauenburgischen Kunstverein (LKV)).
Die Veranstaltung setzte das seit Jahren laufende Projekt des LKV fort, das sich intensiv mit einer Region beschäftigt, die nach dem Fall der Mauer immer enger zusammengewachsen ist. Nach Begrüßungen vom Kreispräsidenten Meinard Füllner und Museumsleiterin Dr. Anke Mührenberg führte Diskussionsleiter Dr. Thomas Dürmeier in das Seminar ein, das von den Referenten Jens Witt (Slow Food, Wackelpeter, ökologisches Essen für Kitas in Hamburg), Dörte Wollenberg, (Regionalvermarktungsinitiative Meck-Schweizer) und Jochen Schwarz (Mosterei und Brennerei Kneese) in wechselnden Arbeitsgruppen fortgesetzt wurde.
Regional produzieren, regional verbrauchen. So die Stoßrichtung der Diskussionen – denn wie schon der Diskussionsleiter auf den Punkt brachte: „Globale Ziele kann man nur erreichen, wenn man sie lokal umsetzt.“
Der gelernte Koch Jens Witt bat die Teilnehmer sich einen imaginären Zaun um ihre Region vorzustellen und sich zu fragen: Wie schmeckt meine Region und kann sie mich ernähren? Die Antworten kamen spontan – es schmecke also nach Raps, Energie-Mais und Weizen. Angebaut von ein paar Großbauern, die mit wenig Personal wirtschaften. Außerdem brauche es nicht nur ‚Bio‘ zur Nachhaltigkeit, sondern auch das Handwerkswissen (Bäcker, Fleischer etc.), das immer mehr verloren gehe.
„Beim Kauf von Lebensmitteln kann jeder etwas tun. Es ist eine integrative gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so der Kreispräsident.
Jochen Schwarz wünschte sich, dass es mehr kleine Betriebe gibt, die sich gegenseitig befruchten. „Es braucht die Politik, die bessere Bedingungen für die nachhaltige Produktion von Nahrung schafft. Genauso wichtig ist aber auch die breite Akzeptanz in der Bevölkerung“, resümierte Jens Witt am Ende der Diskussionsrunde. „In den letzten dreißig Jahren hat sich in der Region viel verändert“, bemerkte LKV-Chef Dr. William Boehart, es gelte die Errungenschaften auszuweiten. „Man muss keinen Druck erzeugen, man braucht einen Sog“ so Dörte Wollenberg.
Einvernehmliches Interesse bei allen Teilnehmern bestand an der Organisation eines Festes zum Thema Essen, Vielfalt und Genuss – auf dem nicht nur der Verbrauchende Neues aus seiner Region entdecken kann, sondern sich auch neue Beziehungen, Bündnisse, Netzwerke und Ideen entwickeln können. Das betrifft die lokalen Produzierenden und Konsumierenden sowie alle, die dazwischen stehen – seien es die Kita-, Schul- oder Krankenhaus-Caterer, Dorfcafés oder Restaurants – denn Essen isst Kultur!
Ebenso sahen die Teilnehmenden die Notwendigkeit einer über die Kreisgrenzen hinaus aktiven, ständigen Initiative als Kristallisationspunkt für eine tatkräftige Regionalentwicklung. Benötigt wird dazu ein zentraler Ort in Ratzeburg als Treffpunkt – ein Forum für Ideen und Labor zum Ausprobieren. Die Corona-Pandemie zeigt, wie komplex und anfällig die globalen Lieferketten sind, das Bewusstsein für Nachhaltigkeit wächst: „Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben ein Handlungsproblem“ fasste Dörte Wollenberg zusammen.
Ende November findet in Mustin ein Treffen statt, bei dem konkrete Projekte vorgestellt werden sollen. Einen kleinen Vorgeschmack auf eine gelungene Zusammenarbeit gibt es bereits: noch in diesem Jahr wird in der Mosterei Kneese ein regionales Bio-Bier gebraut. Die Wertschöpfungskette bleibt hier komplett in der Region – vom Bauern, über den Mälzer bis hin zum Brauen und Abfüllen. Das Genießen selbstverständlich auch.