Ratzeburg/Sopot (pm). Eine langes Wochenende ganz im Zeichen europäischer Begegnung konnten fünfzehn Jugendliche aus Ratzeburg vor den Herbstferien in der polnischen Partnerstadt Sopot erleben. Das dortige Rathaus hatte im Zuge einer Europaförderung aus dem Programm ‚Europa für Bürgerinnen und Bürger‘ bereits in 2020 eine Einladung an Jugenddelegationen aus Ratzeburg und dem dänischen Naestved ausgesprochen, um in der Ostseestadt gemeinsam mit polnischen Jugendlichen unter dem programmgebenden Titel ‚Our future in Europe‘ über Europas Zukunft zu diskutieren. Erst 2021 konnte dieses Vorhaben coronakonform umgesetzt werden, auch dank einer Förderung des Ratzeburger Jugendbeirates, der eigene Mittel aus dem Jugendfond der Partnerschaft für Demokratie Stadt Ratzeburg – Amt Lauenburgische Seen über das Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ aktivierte, um den Bustransfer für Ratzeburger Jugendliche komplett kostenfrei anbieten zu können.
Sopots Oberbürgermeister Jacek Karnowski und Europaabgeordnete Magdalena Adamowicz, Witwe des ermordeten Danziger Oberbürgermeisters Paweł Adamowicz, begrüßten die Jugendlichen zu einer „Europakonferenz“ in der Aula der „II Liceum Ogólnokształcące im. Bolesława Chrobrego w Sopocie“ und warben für eine vertiefte europäische Zusammenarbeit. Dabei war es für Magdalena Adamowicz ein besonderes Anliegen, auch vor den Gefahren von Hate-Speech und Fake News zu warnen, die tödliche Konsequenzen entfalten können, wenn ihnen nicht konsequent und engagierte entgegengetreten werde.
In wechselnden Zusammensetzungen berieten die Jugendlichen anschließend einen Vormittag lang zu europäischen Zukunftsthemen. Dabei zeigten sich durchaus Unterschiede in der Wahrnehmung Europas. Bei vielen dänischen Jugendlichen wurde Europa eher institutionell wahrgenommen und lediglich zur Lösung großer Probleme, wie dem Klimawandel oder der Migration, eine herausgehobene Bedeutung zugemessen. Die deutschen und polnischen Jugendlichen verbanden hingegen wesentlich mehr gemeinschaftliche Werte und auch Identifikationsstiftung mit Europa und der europäischen Idee. Gerade die polnische Seite machte hier sehr deutlich, wie groß aus ihrer Sicht Europas Strahlkraft ist, gerade angesichts der zunehmend nationalistischen Ausrichtung polnischer Politik und der damit empfundenen Einschränkungen von eigenen Lebensperspektiven.
Bild vergrößern: Beim gemeinsamen Rugbytraining mit Nationalspieler Mateuz Plichta (Bildmitte) vom Erstligateam Ogniwo Sopot wurde spielerisch und mit viel Spaß die Vorzüge von Teamarbeit vermittelt.
Der gemeinsame europäische Funke zündete allerdings für alle Jugendliche spätestens beim gemeinsamen Rugbytraining mit Nationalspieler Mateuz Plichta vom Erstligateam Ogniwo Sopot. Er vermittelte mit viel Spaß und Bewegungsfreude die Grundzüge dieser in Polen sehr beliebten Sportart und führte die Jugendlichen in intereuropäischer Teamarbeit zusammen. So wurden anfängliche Berührungsängste vollends überwunden und die weitere Freizeitgestaltung gemeinschaftlich und ausgelassen gestaltet, mit Exkursionen nach Danzig und ins dortige Europäisches Zentrum der Solidarność, der Besichtigung der großen Ergo-Arena oder einem Bowling-Abend im Sopoter Freizeitzentrum.
„Der ganze Ausflug hat mir einen besseren Einblick in die politische Lage Polens gegeben und ich finde es erstaunlich, wie ein Land so gespalten sein kann. Vor allem hatte man die Chance, viele neue Leute kennenzulernen und gemeinsam an der Zukunft Europas zu arbeiten“, sagte Angelina Schlecht von der Lauenburgische Gelehrtenschule. „Es hat mich sehr beeindruckt, wie deutlich und klar sich gerade die polnischen Jugendlichen in den Diskussionen für Europa und die europäische Idee aussprechen, aber auch ihr Recht auf Mitbestimmung einfordern, das sie bedroht sehen „, sagte Jugendbeiratsmitglied Paul Tessmer von der Gemeinschaftsschule Lauenburgische Seen. „Auf dieser Fahrt wurde der europäische Gedanke gelebt: Deutsche, dänische und polnische Jugendliche haben nicht nur miteinander diskutiert, sondern auch Sport gemacht, Kultur erlebt und damit Grenzen überwunden. Das kann und soll ein Vorbild werden für weitere Treffen, um Brücken zu schlagen und immer noch anhaltende Vorbehalte zu überwinden“, resümierte Imme Zillemann, Lehrerin an der Lauenburgischen Gelehrtenschule, ihre Eindrücke.