Ratzeburg (pm). Genau 4.135 Fähnchen haben Kinder der Ratzeburger Grundschule in den Rasen gesteckt. Jedes Fähnchen steht für ein Kind, das kreisweit unter die Armutsgrenze fällt. Und die „große Politik“ machte aktiv mit.
Die Aktion ist nicht neu; sie fand bereits zum elften Mal statt. Schülerinnen und Schüler der vierten Klassen waren auf Einladung vom Deutschen Kinderschutzbund Kreisverband Herzogtum Lauenburg (DKSB) zum Platz der Kinderrechte gekommen und setzten mit der weithin sichtbaren Aktion ein Zeichen gegen Kinderarmut. Das diesjährige Motto – Kinder haben Armut nicht gewählt – bot sich kurz vor der Bundestagswahl an. Kaum überraschend also, dass sich auch Bundestagskandidaten, Landes- und Kommunalpolitiker sich einfanden.
Kinderarmut hat viele Facetten. Nach den Worten von Franz Albracht, DKSB-Vorsitzender im Kreis, zählen soziale, materielle, emotionale und Bildungs-Armut dazu. „Wir müssen die Gesellschaft wachrütteln“, so der engagierte Vorsitzende. Die Corona-Pandemie habe die Situation vieler Kinder „erheblich verschärft“. Mit Veranstaltungen für Kinder in den Schulferien arbeitet der DKSB daran, den Kindern – beispielsweise durch Ausflüge – Erlebnisse und Erfahrungen zu ermöglichen, die sie sonst nicht haben könnten. Der DKSB fordert von der Landesregierung, verfassungsrechtlich ein deutliches Zeichen für die Rechte von Kindern zu setzen. „Umfassende Kinderrechte tragen nachhaltig zur Stärkung der Kinder bei. Das Scheitern der Verhandlungen zur Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz war ein deprimierendes Signal für Kinder und Familien“, erklärte DKSB-Landesvorsitzende Irene Johns. Das bedauerten auch die Politiker der kleinen Talk-Runde. Neben Schirmherrn und Kreispräsident Meinhard Füllner (CDU) waren MdB Dr. Nina Scheer (SPD), MdB Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) und MdL Christopher Vogt (FDP) zum Platz der Kinderrechte gekommen. Scheer und von Notz plädierten für die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz, der jüngste Anlauf sei aber daran gescheitert, dass eine erforderliche Zweidrittelmehrheit im aktuellen Bundestag nicht zustande gekommen wäre. Christopher Vogt betonte, dass Schleswig-Holstein auf dem Weg der Beitragsfreiheit in der Kinderbetreuung sei und dass Alleinerziehende stärker unterstützt werden müssten.
Schirmherr Meinhard Füllner zeigte sich mit der diesjährigen Aktion zufrieden: „Die Kinderarmut muss jedes Jahr erneut zum Thema gemacht werden“. An die Viertklässler gewandt, sagte Füllner: „So gut hat das bislang noch keine Klasse gemacht; Ihr habt ein richtiges Kunstwerk geschaffen.“ Die Fähnchen werden vom DKSB wieder eingesammelt und bis zur nächstjährigen Aktion verwahrt. Dann, so die Hoffnung, sollten es weniger sein, die Kinderarmut sichtbar machen.