Kiel (pm). Die Landesregierung hat sich auf das weitere Vorgehen im Pandemie-Management verständigt und Eckpunkte für eine neue Verordnung bestimmt. Die Verordnung wird nun im Detail erarbeitet, in dieser Woche vom Kabinett beschlossen und am 20. September in Kraft treten.
Einschränkungen werden grundsätzlich in den Bereichen aufgehoben, in denen die 3G-Regelung gilt. Kern der geplanten Verordnung ab 20. September ist, dass Vorgaben zur Einhaltung des Abstandsgebots, die Erhebung der Kontaktdaten in Innenbereichen größtenteils und in zahlreichen Bereichen auch die Maskenpflicht für vollständig Geimpfte, Genesene und negativ Getestete entfallen. Ebenso sind Aktivitäten im Außenbereich dann weitgehend unreguliert. Möglich macht diesen Paradigmenwechsel insbesondere die in Schleswig-Holstein bereits weit fortgeschrittene Impfkampagne und darüber hinaus ein stabiles Infektionsgeschehen sowie eine geringe Auslastung der Intensivkapazitäten.
Ministerpräsident Daniel Günther sagt: „Der 20. September wird ein großer Schritt zurück zur Normalität mit weniger Grundrechtseinschränkungen in einer weitgehend geöffneten 3G-Welt. Mit diesem Paradigmenwechsel gehen wir den Weg der Lockerungen unter Einhaltung der 3G-Regelung weiter und ermöglichen so viel wie noch nie seit Ausbruch der Pandemie im März 2020.“ Die Landesregierung könne abhängig von einer situativen Lagebewertung landesweit entsprechend die Regeln entweder aufheben oder verschärfen. „Damit gibt es nur noch die drei Stufen Rot, Grün und Gelb“, sagt Günther. Auf der grünen Stufe werde es keinerlei Einschränkungen mehr geben. „Mit der jetzt geplanten Änderung der Verordnung gilt die Stufe Gelb. Verschärfungen wird es geben bei einer angespannten Lage in den Krankenhäusern. In einem solchen Fall gilt 2G mit der Wahlmöglichkeit für 3G“, so der Ministerpräsident.
„Das Abstandsgebot, das Kernbestandteil der bisherigen Verordnungen war, und Gebote zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen werden größtenteils in Empfehlungen umgewandelt. Dort, wo die 3G-Regelung nicht greift wie im öffentlichen Personenverkehr, gilt jedoch nach wie vor die Maskenpflicht. Meine Bitte ist, weiterhin rücksichtsvoll miteinander umzugehen und gerade Personen wie Kinder unter zwölf Jahren, die sich nicht impfen lassen können, durch eine eigene Impfung zu schützen.“
Die Stellvertretende Ministerpräsidentin Monika Heinold ergänzt: „Uns ist wichtig, dass sich auch Kitas und Schulen wieder in Richtung Normalität bewegen können. Kinder brauchen Kinder. Wir haben ein System entwickelt, das gut durchdacht und leicht verständlich ist. Bei Grün gibt es Empfehlungen, bei Gelb klare Test- und Hygiene-Regeln und bei Rot notwendige Einschränkungen. Mit der neuen Verordnung stellen wir die Ampel auf Gelb. Alle können dazu beitragen, dass sie wieder auf Grün springt. Das Zauberwort heißt Impfen.“
Über 65 Prozent der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner sind bereits vollständig gegen das Coronavirus geimpft, was zirka 76 Prozent der impffähigen Bevölkerung entspricht (Netto-Impfquote). Über 70 Prozent haben eine Erstimpfung erhalten, das entspricht einer Netto-Impfquote von 82,2 Prozent. Derzeit infizieren sich mit SARS-CoV-2 weit überwiegend Menschen, die sich nicht impfen lassen können oder nicht impfen lassen wollen. Die landesweite Inzidenz liegt derzeit bei 50. Die Sieben-Tage-Inzidenz für Geimpfte (Stand 30.8.) liegt bei 13,5, während sie für nicht-Geimpfte 102,7 beträgt.
Aktuell sind 2,2 Prozent der betreibbaren Intensivbetten in SH mit Corona-Patienten belegt. In den letzten vier Wochen waren es nie über vier Prozent. Im Vergleich: Ende Januar 2021 waren 13,4 Prozent der betreibbaren Intensivbetten mit Corona-Patienten belegt. Die Sieben-Tages-Hospitalisierungs-Inzidenz liegt aktuell bei etwa 1,5. Mitte April lag diese bei knapp fünf und im Januar bei elf.
Gesundheitsminister Heiner Garg erklärt: „Diese Zahlen zeigen eindeutig, dass wir uns in einer Pandemie der Ungeimpften bewegen. Sie zeigen auch, dass wir durch die hohe Impfquote eine niedrige Hospitalisierungsrate und wenig intensivmedizinisch betreute Covid-19 Patienten haben. Mein eindringlicher Appell lautet daher: Lassen Sie sich impfen, sofern Sie sich impfen lassen können. Nutzen Sie dafür die zahlreichen Impfangebote im Land – auch die Impfzentren sind aktuell weiterhin ohne Termin für Erstimpfungen geöffnet. Sie schützen damit sich selbst und andere – und dazu gehören insbesondere Menschen wie Kinder unter zwölf Jahren, für die es keine Impfempfehlung gibt. Alle Geimpften tragen dazu bei, dass wir gut durch Herbst und Winter kommen und dass wir hoffentlich endlich in das Licht am Ende des Tunnels dieser beispiellosen Situation blicken können. Die Impfung ist wesentliche Grundlage für diese Lockerungen und der entscheidende Schlüssel, damit wir diese Pandemie gemeinsam überwinden und für alle Menschen wieder ein Leben in Freiheit ermöglichen.“
Die neue Verordnung umfasst insbesondere folgende Punkte:
Allgemein: Das Abstandsgebot von 1,5 Metern wird in eine Empfehlung umgewandelt. An privaten Zusammenkünften dürfen unbegrenzt viele vollständig geimpfte oder genesene Personen teilnehmen. Für nicht Immunisierte gilt jedoch eine Obergrenze von 25 Personen über vierzehn Jahren innerhalb geschlossener Räume.
Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung wird in den meisten Innenbereichen aufgehoben, wenn dort die 3G-Regel gilt. In Situationen, in denen ein angemessener Abstand nicht eingehalten werden kann, wird weiterhin das Tragen von Masken empfohlen.
Die noch bestehenden Regelungen zur Erfassung der Kontaktdaten in Innenbereichen werden weitgehend aufgehoben. Dies betrifft insbesondere Veranstaltungen, Gaststätten, Freizeit- und Kultureinrichtungen, körpernahe Dienstleistungen (z.B. Friseure, Massagestudios), Einrichtungen für Sportausübung (z.B. Fitnessstudios, Schwimmbäder) und touristische Reiseverkehre (z.B. organisierte Busfahrten).
Für die einzelnen Bereiche sind folgende Regeln vorgesehen:
Die Vorgaben zur Einhaltung der 3G-Regel bleiben in Innenbereichen bestehen. Dies betrifft Veranstaltungen und Feste in Innenbereichen, Innengastronomie, Freizeit- und Kultureinrichtungen (z.B. Museen), körpernahe Dienstleistungen, Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben (weitere Infos unten), Reiseverkehre zu touristischen Zwecken, Einrichtungen zur Sportausübung
Im Einzelhandel und im öffentlichen Personenverkehr bleiben die Vorgaben zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bestehen, da hier die 3G-Regel nicht greift.
Bei Veranstaltungen fallen Beschränkungen weitgehend weg. Sie sind damit innerhalb und außerhalb geschlossener Räume ohne Einhaltung des Abstandsgebotes und der Maskenpflicht möglich. Voraussetzung bleibt hierbei die Erstellung eines Hygienekonzepts unter anderem mit einer regelmäßigen Lüftung der Innenbereiche. In Innenbereichen ist zudem die 3G-Regel einzuhalten. Kinosäle oder Konzerte dürfen also zum Beispiel unter Einhaltung der 3G-Regel wieder voll ausgelastet werden.
In Beherbergungsbetrieben werden die Vorgaben zur wiederholten Testung nach spätestens 72 Stunden gestrichen. Die 3G-Regel bei Aufnahme in ein Hotel o.ä. sowie die Pflicht zur Angabe von Kontaktdaten bleiben bestehen.
Bei Sportveranstaltungen gelten bezogen auf die Zuschauerzahlen keine Obergrenzen mehr. Stadien und Veranstaltungshallen können damit wieder voll ausgelastet werden.
Die Vorgaben für den Betrieb von Diskotheken werden unter Einhaltung der 3G-Regel normalisiert. Voraussetzung für einen normalen Betrieb ist, dass ein Hygienekonzept erstellt wird und nicht-immunisierte Teilnehmende maximal sechs Stunden vor Einlass getestet wurden (ein Antigen-Schnelltest ist ausreichend).
Die Regelungen für Pflegeeinrichtungen bleiben bestehen, da die Bewohner zu den besonders vulnerablen Personengruppen gehören. Für Besucher gilt weiterhin die 3G-Regel sowie die Maskenpflicht auf Verkehrsflächen und in Gemeinschaftsräumen.
Gilt die 3G-Regel, so ist ein Nachweis über eine vollständige Impfung, Genesung oder ein aktuelles negatives Testergebnis (maximal 24 Stunden alter Antigen-Schnelltest oder 48 Stunden alter PCR-Test) vorzulegen. Kinder unter sieben Jahren bleiben von den Testpflichten ausgenommen. Minderjährige Schülerinnen und Schüler, die anhand einer Bescheinigung der Schule nachweisen, dass sie im Rahmen eines verbindlichen schulischen Schutzkonzeptes regelmäßig zweimal pro Woche getestet werden, benötigen auch weiterhin keinen zusätzlichen Testnachweis. Als vollständig geimpfte, genesene und negativ getestete Personen gelten nach wie vor nur asymptomatische Personen ohne typische Coronavirus-Symptome.
Die Landesregierung kann abhängig von einer situativen Lagebewertung landesweit entsprechend die Regeln entweder aufheben oder verschärfen.