Herzogtum Lauenburg (pm). Am Freitag, 25. Juni 2021, stiegen die Baumkletterer der Kreisforsten Marcus Stechbarth und Nils Grams im Auftrag der Wissenschaft in die Baumkronen um Blattproben zu entnehmen. Forscherinnen der Universität Konstanz untersuchen in den Kreisforsten, wie sich eine unterschiedliche Bewirtschaftungsintensität auf alte Buchenbestände bei sich ändernden Umweltbedingungen auswirkt.
Das Forschungsprojekt soll zur Entscheidungsfindung in der aktuellen Debatte zur natürlichen Waldentwicklung beitragen. „Ziel meines Teilprojekts ist die Untersuchung, inwieweit sich die Standortgüte bzw. die forstliche Bewirtschaftungsintensität auf die aktuelle Versorgung mit Wasser, Stickstoff und Phosphor sowie die Level von chemischer Verteidigung in adulten Buchen auswirken und wie sich diese im saisonalen Verlauf gegebenenfalls ändern,“ erläutert Judy Simon. Die Konstanzer Biologin und Heisenberg-Stipendiatin PD Dr. Judy Simon leitet das Teilprojekt, die Freilandkampagne wird von Doktorandin Tallulah Gundelach durchgeführt. Des Weiteren wird bei dieser Freilandkampagne Jordan Morrison unterstützend dabei sein, die als RISE-Stipendiatin des DAAD in der Arbeitsgruppe von PD Dr. Judy Simon zurzeit ein Praktikum macht.
Die bewirtschafteten Buchenwälder, die untersucht werden, befinden sich in der Nähe des Pinnsees. An jedem Standort werden Blätter mehrerer Buchen jeweils aus der Baumkrone entnommen sowie ein Monitoring des Unterwuchses durchgeführt. Die Blätter werden im Anschluss entsprechend mit einer eindeutigen Kennung des Baumes gekennzeichnet und eingefroren, um den Abbau der zu untersuchenden Inhaltsstoffe zu verhindern.
Die tiefgefrorenen Blattproben werden im Labor der Plant Interactions Ecophysiology Group an der Universität Konstanz feingemahlen und auf die Gehalte verschiedener Metaboliten (d.h. Gesamt-Stickstoff, Gesamt-Kohlenstoff, sowie Gesamtphosphat bzw. Phenole und kondensierte Tannine) analysiert. Ein Teil der Analytik erfolgt mittels Spektrophotometrie, ein anderer mittels Massenspektrometrie.
Die Entnahme der Blätter findet an drei Zeitpunkten im Jahresverlauf statt. Mit dieser Freilandkampagne möchte das Forscherteam den Zeitpunkt im Anschluss an die Blattentwicklung abdecken. Des Weiteren wird im Hochsommer beprobt sowie im Herbst kurz vor dem Blattfall. Damit können die potentiellen Änderungen im saisonalen Verlauf bei den Gehalten der untersuchten Parameter festgestellt werden.
Zwar lassen sich während des zweijährigen Untersuchungszeitraumes keine langfristigen Aussagen für die einzelnen Standorte treffen. Allerdings sind die vier deutschlandweiten Standorte so ausgewählt, dass sie in ihrer Gesamtheit einen Trockenheitsgradienten darstellen, so dass zumindest kurzfristige Aussagen über die Auswirkungen von Trockenstress (ein Faktor des Klimawandels) und generell zur Ernährung von Buchen getroffen werden können. Mit den Ergebnissen ihres Teilprojekts tragen die Forscherinnen um PD Dr. Judy Simon zur Gesamtfragestellung des Projekts NaWi bei.
Hintergrund
Das Projekt NaWi leitet Anne Arnold mit der Arbeitsgruppe ENVIRUS von der Universität Göttingen, aber auch Christoph Leuschner, Christian Ammer und die Universitäten Konstanz bzw. Freiburg mit Jürgen Kreuzwieser und Heinz Rennenberg sind an dem gemeinsamen Projekt beteiligt.
Ziel des Projektes ist die Erforschung der Mechanismen von Anpassungsstrategien älterer Buchenbestände unterschiedlicher Bewirtschaftungsintensität an Klimaveränderungen. Entlang eines Gradienten der Nutzungsintensität und der Standortsgüte werden die Waldstrukturen, die Stoffflüsse und wichtige baumphysiologische Kenngrößen analysiert, umweltökonomisch bewertet und räumlich explizite Modelle und Szenarien der Waldbewirtschaftung und ihrer Auswirkungen erstellt. Die Interaktionen von waldbaulicher Bewirtschaftungsintensität und Stressresistenz werden auf unterschiedlichen Standorten faktoriell kombiniert und hinsichtlich bodenchemischer und pflanzenphysiologischer Parameter analysiert. Zudem wird die Kohlenstoffsenkenfunktion der verschiedenen Wald-nutzungsformen quantifiziert, modelliert und bewertet.
Projektstart am 1.1.2020
Laufzeit: 08/2019 – 12/2022