Lütau (pm). Dort, wo vor einigen Monaten der Blick auf die Wiese hinter dem Lütauer Pastorat noch frei war, steht heute ein Heizhaus, genauer gesagt eine Holzhackschnitzelheizanlage. Es beinhaltet zwei Lagerräume für Knickholz und einen Heizraum inklusive Heizkessel und zwei Wasserspeicher. Auch die Solartherme-Anlage ist mittlerweile aufgebaut und dient künftig zur Warmwassererzeugung.
„Wir haben richtig was geschafft“, erklärt Michael Eggers, Vorsitzender der Kirchengemeinderates Lütau. Das Ziel, ab Herbst die Kirche St. Dionys und St. Jakobus, das Pastorat und den Kindergarten mit erneuerbarer Energie für Heizung und Warmwasser zu versorgen, sei in greifbare Nähe gerückt. Die Heizanlage werde mit Knickholzabfällen von Kirchengemeinde-Flächen befeuert, die per Radlader in die beiden Lager gefüllt würden. „Eine Schnecke befördert die Hackschnitzel über eine Rinne zum Heizraum. Sie werden fast komplett verbrannt, sodass am Ende minimal Asche übrig bleibt“, informiert Eggers weiter über Klimaziele des Projektes, die auch von der AktivRegion Sachsenwald-Elbe geteilt und unterstützt werden, in dessen Vorstand er sich daher mittlerweile auch engagiert. Dann zeigt er auf einen kleinen, grünen Aschebehälter. Dann zeigt er auf einen kleinen, grünen Aschebehälter. „Und eine hochwertige Rauchgas-Entstaubung ist auch verbaut.“
Im Heizraum finden sich zwei Wassertanks als sogenannte Pufferspeicher, einer für die Solarthermieanlage, eines für die Heizung. „Sie können 2.000 Liter Wasser aufnehmen und haben integrierte Schichtspeicher, da sich bei niedriger Temperatur das Wasser besser verteilen lässt“, so Eggers. Ein weiterer Baustein der Anlage ist die Verteilstation, die sich im Keller des Pastorates befindet. Olaf Dey vom Kirchengemeinderat erklärt: „Diese kleine Anlage verteilt das warme Wasser an das Pastorat, die Kirche und die Kita. Ein dritter Wassertank dient als Pufferspeicher. Die Anlage wird jetzt mit Wasser befüllt, das mit einer Entsalzungsanlage aufbereitet wird“.
Ebenfalls im Keller soll zudem das „Bildungszentrum“ seine Heimat finden. Eine Schautafel wird an der Straße installiert, die mit Bildern und Symbolen die Heizanlage erklärt. „Wir freuen uns, dass auch das Informationsangebot konkrete Formen annimmt. Ende April haben wir uns zum Auftakttreffen in einer großen Gruppe mit Ehrenamtlichen der Kirchengemeinde getroffen. Parallel haben unsere Praktikantinnen aus dem Umwelt- und Klimaschutzbüro die Baufortschritte auf der Webseite der Gemeinde dokumentiert. Nun sortieren Arbeitsgruppen die vielen Ideen und setzen sie um. Den Anfang bilden Informationstafeln rund um das Thema „Klimafreundlich mit Knickhölzern und Sonne heizen“ und Bildungsangebote für Kinder und Schulklassen. Erste Ergebnisse könnten nach dem Sommer fertig sein“, so Annette Piening vom Klimaschutzbüro der Nordkirche.
Und wie kommt das warme Wasser vom Heizhaus eigentlich in die Kirche? „Oh, das war sehr abenteuerlich“, rufen Olaf Dey und Michael Eggers unisono aus. „Zuerst wurde der Boden vom Kita-Parkplatz Richtung Kirche aufgegraben. Schnell merkten wir, dass das aufgrund der großen und tiefen Wurzeln der teils sehr alten Bäume keinen Sinn macht“, erklärt Eggers. Nach einigen schlaflosen Nächten kam die Rettung, als eine Kieler Fachfirma ein Spülbohrverfahren zusagte. „Das heißt, die Wasserrohre wurden unterirdisch direkt bis zur Kirche verlegt.“ Olaf Dey ergänzt: „Das ist eine innovative Technik, die zudem umweltschonend ist. Kein Baum und auch nicht die denkmalgeschützte Kirchenmauer kamen zu Schaden“.
In der Kirche arbeiten derzeit die Handwerker Jürgen Kreuzfeldt und Marcel Hinrichsen von der Kirchenbauhütte Lübeck-Lauenburg daran, die Fußbodenheizung unter den abmontierten Kirchenbänken einzubauen und Estrich zu verlegen. „Im Anschluss kommen Eichendielen darauf und die Bänke wieder in das Kircheninnere“, erklärt Kreuzfeldt. Der Platz vor dem Altar ist bereits fertig – bis zum Sommer sollen die Arbeiten in der Kirche beendet sein, sodass die Heizanlage ab Herbst alle drei Gebäude klimaneutral beheizen kann.
Die Kosten für das gesamte Projekt, das hoffentlich bundesweit viele Nachahmer findet, belaufen sich voraussichtlich auf rund 827.000 Euro. Darin sind auch die Kosten für das Informationsangebot enthalten. Als ausgewählte Maßnahme des Klimaschutzmanagements der Nordkirche wurden Mittel der Nationalen Klimaschutzinitiative bewilligt – der Bund beteiligt sich mit 200.000 Euro an den Kosten. Weitere Zuschüsse in Höhe von 100.000 Euro kommen von der EU durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und dem Land Schleswig-Holstein über die AktivRegion Sachsenwald-Elbe. Die weiteren Kosten teilen sich die Kirchengemeinde Lütau, der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg und die Nordkirche . Durch die Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energie rechnen die Verantwortlichen mit einer Minderung der Treibhausgasemissionen um rund 80 Prozent.