Ratzeburg (aa). Eine von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtete Sitzung hatten am gestrigen Abend (3. Juni) die Mitglieder des Finanzausschusses der Stadt Ratzeburg. Einziger Besucher im Zuschauerraum war der aktuell suspendierte Bürgermeister Gunnar Koech. Dass die Sitzung dennoch weiteren Zündstoff für die laufende Abwahldebatte des Bürgermeisters hatte, zeigte sich unter dem Tagesordnungspunkt 7, der Prüfung der Jahresrechnung der Stadt Ratzeburg für das Haushaltsjahr 2020.
Von der reinen Formulierung der Tagesordnungspunkte ausgehend hätte es eine unspektakuläre Sitzung werden müssen. Doch für die städtischen Politiker der ehrenamtlichen Selbstverwaltung dürfte es ein weiterer Baustein in ihrer Argumentationskette werden, wenn es um die Begründung für das laufende Abwahlverfahren von Bürgermeister Gunnar Koech geht.
Doch worum geht es? Wie Aussschussvorsitzende Marion Wisbar (CDU) verliest, ist laut dem Schlussbericht des Rechnungsprüfungsausschusses der Stadt Ratzeburg zur Jahresrechnung 2020 unter anderem ein Kostenpunkt über 50 Euro aufgefallen. Soweit so unspektakulär. Brisant wird dieser Kostenpunkt aus Sicht der Ausschussmitglieder daher, weil es sich um einen Mitgliedsbeitrag des Bürgermeisters an die Vereinigung der hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte Schleswig-Holsteins (VHBL) handelt. Diesem Verein war Koech am 11. September 2019 beigetreten. Der Jahresbeitrag in Höhe von 50 Euro wurde im Folgenden von der Vereinigung vom Konto der Stadt Ratzeburg abgebucht.
„Der Bürgermeister ist in eine berufsständische Vereinigung eingetreten. Er wird dort privat Mitglied und nicht die Stadt. Das Geld ist zurückzufordern“, erklärt Ausschussmitglied Uwe Martens (SPD). Dr. Ralf Röger (CDU) ergänzt: „Mich irritiert, wie man überhaupt auf die Idee kommt hier das Konto der Stadt anzugeben?“ Tatsächliche lautet der Text im Blanko-Formular der VHBL: „Ich ermächtige die „Vereinigung der hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte in Schleswig-Holstein e.V.“ jederzeit widerruflich den jährlichen Beitrag von 50,00 Euro von meinem Konto im Lastschriftverfahren einzuziehen.“
Nach einer kurzen Unterbrechung für eine nichtöffentliche Diskussion des Ausschusses erläutert die Vorsitzende Wisbar: „Wir sind uns einig geworden, dass dieser Punkt der Kommunalaufsicht zugeführt wird.“
Gunnar Koech kann die Aufregung hier nicht nachvollziegen. Abseits der Sitzung erklärt er gegenüber Herzogtum direkt: „Da wird wieder nach irgendwelchen Sachen gesucht, um etwas Negatives gegen mich zu finden. Mich lässt das nur schmunzeln. Wenn der Ausschuss das als Problem sieht, müssen Sie es eben streichen. Fünfzig Euro werden mich nicht in den Bankrott treiben. Ich werde ganz sicher Mitglied in diesem Verein bleiben.“
In der Sitzung selbst hatte Koech satzungsgemäß kein Rederecht, da er nur als einfacher Zuschauer ohne Wohnhaft in Ratzeburg teilnehmen konnte.
Hintergrund
Die Vereinigung der hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte ist eine Interessensvertretung der kommunalen Wahlbeamten in Schleswig-Holstein.