Wir, die Beschäftigten der Kindertagesstätten, Schulen, Betreuungseinrichtungen, Jugendeinrichtungen etc. bringen mit diesem Aufruf unseren Unmut zum Ausdruck. Bereits zum ersten Lockdown gab es keine ausreichenden Konzepte, um die Kolleginnen und auch die betreuten Menschen wirksam vor einer Ansteckung zu schützen. Nachdem die Betreuung in den Schulen für lange Zeit nicht möglich war, und die Eltern sich mit der doppelten Belastung der Kinderbetreuung bei voller Arbeitslast ausgesetzt sahen, wurden keine entscheidenden Maßnahmen getroffen, um das Infektionsgeschehen auch langfristig unter Kontrolle zu bekommen. In einigen Einrichtungen, wie z.B. den Schulen sollen Kinder Maske tragen und Abstand halten. Sicherlich sinnvolle Maßnahmen. Doch angesichts der oft engen und überfüllten Klassen- und Betreuungsräume und des seit Jahren bekannten Personalmangels, sind diese Maßnahmen nichts als eine Farce.
Die Kinder wurden und werden oft mit Erkältungssymptomen zu Schule und Kindergarten geschickt, da auch die Eltern unter dem Druck der wenigen Urlaubs- und Krankheitstage stehen, die ihnen für ihre Kinder zugesprochen wurden. So sahen sich viele Pädagoginnen täglich einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt und versuchten die Waage zu halten zwischen Infektionsschutz und dem verständlichen Wunsch von Kindern und Eltern nach Betreuung. Belüftungsanlagen, die das Risiko einer Ansteckung zum Beispiel in Klassenräumen drastisch verringern würden, wurden nicht angeschafft! Auch gibt es kaum Einrichtungen, die über genügend Masken verfügen, einige Kolleginnen wurden überhaupt nicht ausgestattet. FFP2-Masken müssen oft selbst von den Kolleginnen bezahlt werden. Dass das Geld für diese und andere wichtige Maßnahmen nicht vorhanden ist, können und wollen wir nicht glauben!
Viele unserer Kolleginnen mussten dieses Jahr auf Weihnachtsgeld und Sonderzahlungen verzichten, obwohl diese ein wichtiger Ausdruck der Anerkennung unserer Leistung sind. Andere Kolleginnen verloren sogar ihre Anstellung. Dieses Jahr stellte für viele von uns eine besondere Belastung dar. Die Angst vor einer Infektion mit COVID, die Erwartung in gewohntem Umfang (oder mehr) weiterzuarbeiten und die Vertretung der erkrankten Kolleginnen brachten viele an ihre Grenzen.
Nicht nur in unseren Arbeitsfeldern, auch in anderen Branchen ist dieses Jahr klar geworden, dass ohne qualitative Erholung in der Freizeit eine 40-Stunden Woche unverhältnismäßig ist!
Viele Eltern würden ihre Kinder lieber nur wenige Stunden in den Einrichtungen oder gänzlich Zuhause betreuen, bekommen jedoch nur selten die Möglichkeit das zu tun. Die Wirtschaft scheint uns hier ein bedeutsameres Kriterium zu sein als die Gesundheit der Kinder und ihrer Eltern.
Viele von uns haben mitangesehen, wie an ihren Arbeitsplätzen die Infektionszahlen zunahmen. Ganze Schulklassen oder Kitagruppen mussten in Quarantäne. Bei anderen wurden die Quarantänepläne über Bord geworfen als der erste Fall eintrat. Einige Kolleginnen steckten sich auch mit dem Virus an und erkrankten oft schwer. Die Angst unsere Mitmenschen oder die eigene Familie mitanzustecken, belastet uns und führt zu Isolation!
An das Umsetzen eines Berufsethos, der neben der Betreuung auch die Bildung und Erziehung der Kinder und ihrer Entwicklungsförderung einen hohen Wert zu schreibt, ist nicht zu denken, wenn wir und die Kinder uns nur im „Überlebensmodus“ befinden.
Wir fordern das sofortige Nachrüsten aller Betreuungseinrichtungen mit Belüftungsanlagen, eine ausreichende Versorgung mit FFP2-Masken, umfangreiche Testmöglichkeiten für Kinder und Kolleginnen, eine drastische Reduzierung der Gruppengröße bei personeller Entlastung der Kolleginnen, ein Recht auf bezahlten Urlaub für alle Eltern, die ihre Kinder zuhause betreuen möchten und finanzielle Entschädigung, für jede Kollegin, die durch eine Ansteckung mit COVID während ihrer Arbeit erkrankt ist!
Mit dieser Erklärung stellen wir uns NICHT gegen die Eltern, die auf eine Betreuung angewiesen sind oder gegen die vielen anderen Menschen, die beruflich und privat unter der Pandemie leiden. Wir stehen Seite an Seite mit euch, denn wir haben genug!
Schluss mit Zögern und Sparen. Wir brauchen echten Infektionsschutz für Kinder und Beschäftigte auch über den Lockdown hinaus!
UnterstützerInnen:
Moritz Howe
Jasmin Koschlig
Friederike Kluckert
Jessica Müller
J. Klindworth
Henrieke Rogmann
Elisabeth Petitot
Susanne Kohlman
S. Schmidt
Marco Wolter
Gila Jordan
Daniela Menzel
Iris Wrobel
M. Just
Nele Bonhoff
Isabell Johns
Helene Weiss
Anneke Wiens
Lea Wojcikowski
Fynn Hellberg
Merle Koch