Kiel (pm). In Schleswig-Holstein, Kreis Nordfriesland, ist bei mehreren verendet aufgefundenen Wildvögeln der Geflügelpest-Erreger des Subtyps H5N8 nachgewiesen worden. Eine entsprechende Bestätigung hat das Landwirtschaftsministerium am 30. Oktober 2020 vom Friedrich-Loeffler-Institut, dem nationalen Referenzlabor für Geflügelpest, erhalten.
„Die Nachweise von Geflügelpest bei verendeten Wildvögeln im Kreis Nordfriesland sind sehr besorgniserregend. Das gilt grundsätzlich, aber insbesondere auch vor dem Hintergrund der ohnehin angespannten Gesamtsituation durch die Corona-Pandemie. Der Befund ist Anlass für extrem hohe Wachsamkeit im ganzen Land,“ sagte Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht. Zum Schutz der Geflügelbestände vor einem Viruseintrag müssten die geltenden Biosicherheitsmaßnahmen von allen Geflügelhalterinnen und -haltern konsequent umgesetzt werden. Albrecht kündigte an, die Maßnahmen zum Monitoring im ganzen Land zu verstärken. Zudem forderte er die Bürger auf, verendete Wasser- und Greifvögel unverzüglich an die Behörden zu melden.
Im Kreis Nordfriesland wurden im Bereich der Küste bei drei verendet aufgefundenen Wildvögeln (Großer Brachvogel, Pfeifente, Wanderfalke), die im Rahmen des sogenannten passiven Wildvogelmonitorings beprobt wurden, Geflügelpest amtlich festgestellt. Das Veterinäramt des Kreises ordnet nun die Aufstallung von Geflügel nach der Geflügelpest-Verordnung in Küstennähe und in weiteren Wildvogelrastgebieten an. Hierzu stellt der Kreis Nordfriesland entsprechende Informationen zur Verfügung.
Bürger werden gebeten, Funde von verendeten wildlebenden Wasservögeln oder Greifvögeln in Schleswig-Holstein dem Veterinäramt des jeweiligen Kreises und der kreisfreien Stadt zu melden. Untersuchungen dieser Tiere helfen, die Verbreitung des Virus im Land zu ermitteln.
Geflügelhalter sollten ihr Geflügel vor einem möglichen Erregereintrag bestmöglich schützen und die in der Geflügelpest-Verordnung für alle vorgeschriebenen Biosicherheitsmaßnahmen konsequent umsetzen. Hierzu gehört unter anderem, dass Tiere nur an für Wildvögel unzugänglichen Stellen gefüttert werden dürfen. Zudem darf kein Oberflächenwasser für das Tränken der Tiere genutzt werden, zu dem Wildvögel Zugang haben. Futter, Einstreu und sonstige Gegenstände, mit denen das Geflügel in Berührung kommen kann, müssen für Wildvögel unzugänglich aufbewahrt werden. Bei erhöhten Tierverlusten im Bestand ist zudem eine veterinärmedizinische Untersuchung vorgeschrieben, um ein unklares Krankheitsgeschehen im Bestand abzuklären und das Vorliegen einer Infektion mit Geflügelpestviren auszuschließen. Sollten Geflügelhaltungen bislang nicht beim zuständigen Veterinäramt und/oder Tierseuchenfonds registriert worden sein, weist das Ministerium darauf hin, dies schnellstens nachzuholen.
Hintergrund
Die hochpathogene aviäre Influenza, auch Geflügelpest genannt, ist eine anzeigepflichtige und daher staatlich bekämpfungspflichtige Tierseuche, die bei gehaltenen Vögeln und Wildvögeln nach teilweise schweren Erkrankungserscheinungen zu massenhaftem Verenden führen kann. Die Geflügelpest-Verordnung enthält Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen.
Seit Ende Juli 2020 wird aus Russland und Kasachstan eine Serie von Geflügelpest-Ausbrüchen des Subtyps H5N8 bei Geflügel und Wildvögeln gemeldet. Die betroffenen Regionen liegen auf der Vogelzugroute von Wasservögeln, die im Herbst nach Europa ziehen. In den Jahren 2005/2006 und 2016/2017 waren ähnliche Ausbruchsserien in derselben Region einem dann folgenden umfangreichen Geschehen in Europa vorausgegangen. Das FLI hat in einer aktuell veröffentlichten Risikoeinschätzung das Risiko eines Eintrags von Geflügelpest nach Europa und Deutschland als hoch eingestuft. Erste Nachweise von Geflügelpest bei Wildvögeln sowie in Hausgeflügelbetrieben in Europa meldeten jüngst die Behörden in den Niederlanden.
In Schleswig-Holstein finden ganzjährig und über das Land verteilt Monitoringuntersuchungen bei Hausgeflügel sowie Wildvögeln statt. Die Untersuchung von verendet aufgefunden Wildvögeln (passives Wildvogelmonitoring) wurde im Sinne eines Frühwarnsystems aufgrund der Risikoeinschätzung des FLI bereits Anfang Oktober nochmals verstärkt. Im Zuge dieses Monitorings wurden die aktuellen Nachweise im Kreis Nordfriesland geführt.
Im Jahr 2016/17 ereignete sich das europaweit bislang größte Geflügelpestgeschehen, von welchem Schleswig-Holstein auch stark betroffen war. Der letzte Geflügelpestausbruch in Schleswig-Holstein wurde im März 2018 in einer kleinen Geflügelhaltung festgestellt.