Ratzeburg (aa). Noch zur Amtszeit des ehemaligen Bürgermeisters Rainer Voß initiierte der Heimatbund und Geschichtsverein Ortsverband Ratzeburg die Idee an markanten und geschichtsträchtigen Orten Infoschilder zu installieren. Fünf von später dann zwölf Schildern konnten nun kürzlich aufgestellt werden. Die Idee und die ersten Schilder wurden letzte Woche offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Hintergrund für dieses arbeitsintensive Vorhaben liegt in den zahlreichen positiven Rückmeldungen, die der Heimatbund zu der Aufstellung von Informationstafeln (Ratzeburg-Bäk: Parkplatz „Schöne Aussicht“ // Wietingsbek: Wanderweg am Mechower See) und Informations-Stelen (B 208 nahe Mustin // Rosenhagen/Dutzow: Brücke am Schaalsee) an der ehemaligen innerdeutschen Grenze erhalten hat. Der Heimatbund hält es für sinnvoll, in dieser Form an die folgenreiche Teilung Deutschlands, die historischen Grenzöffnungen 1989/90 und die Deutsche Einheit zu erinnern, zumal der Kreis Herzogtum Lauenburg in seiner gesamten Länge durch die tödlichen DDR-Grenzsperranlagen von seinem natürlichen Hinterland Mecklenburg abgeschnitten war. Eine derartige Erinnerungskultur ist ausgesprochen wichtig, da seit der Grenzöffnung jetzt 30 Jahre vergangen sind und eine neue Generation herangewachsen ist, die die menschenverachtende Grenze nicht mehr aus eigener Erfahrung kennt.
In einem Gespräch mit dem damaligen Ratzeburger Bürgermeister Rainer Voß schlug Hartwig Fischer vom örtlichen Heimatbund und Geschichtsverein daher vor, dass der Ratzeburger Heimatbund zwei vergleichbare Informationstafeln an historisch und kulturell zentralen Orten Ratzeburgs aufstellen könnte. „Ratzeburg hat eine Fülle von Highlights, die kaum oder gar nicht beschriftet waren“, erklärt Fischer. Als kleiner Verein könne der Heimatbund aber nur die Herstellung von zwei Informationstafeln finanzieren, erklärte Fischer damals wie auch letzte Woche. Doch Bürgermeister Voß war von der Idee begeistert und hat in Absprache mit dem Tourismus-Ausschuss der Stadt Ratzeburg und Katrin Jester einen finanziellen Zuschuss in Form von EU-Geldern durch die „Aktivregion Herzogtum Lauenburg Nord“ im Rahmen der Förderung des Landesprogramms ländlicher Raum (LPLR) Schleswig-Holstein 2014 bis 2020 im Sommer 2018 beantragt. Durch die Bewilligung dieser EU-Gelder im Frühjahr 2019 war die Herstellung von zunächst zehn Informationstafeln möglich. Eine feste „Arbeitsgruppe Info-Tafeln“ mit Ehepaar Heike und Hartwig Fischer, Archivar Christian Lopau und Katrin Jester vom Ratzeburger Tourismus und Stadtmarketing arbeitete darauf ein Konzept aus. Die ersten Entwürfe wurden Landrat Dr. Christoph Mager und Kreispräsident Meinhard Füllner zur Information vorgelegt. Die beiden Kreisvertreter beurteilten das Vorhaben als vorbildlich und sagten die Finanzierung von zwei weiteren Informationstafeln bei Objekten zu, die sich in der Hand des Kreises (A. Paul Weber-Museum und Kreismuseum) befinden.
„Das war alles sehr arbeitsintensiv, vor allem wegen der Klärung der jeweiligen Fotorechte“, beschreibt Hartwig Fischer den Arbeitsprozess aus seiner Sicht, „Aber es hat uns vom Team her außerordentlich viel Freude bereitet.“ Archivar Christian Lopau ergänzt: „Ratzeburg hat eine interessante Geschichte. Wir hatten die Schwierigkeit darunter auswählen zu müssen und dass ein Schild auch nur begrenzten Platz hat.“
Den zahlreichen Gästen Ratzeburgs aus dem In- und Ausland sowie natürlich auch den Einheimischen kann nun aufgezeigt werden, dass die Kreisstadt über ungewöhnlich viele historische und kulturelle „Highlights“ verfügt. Erläutert wird unter anderem:
- warum die „Schlosswiese“ diesen Namen trägt, obwohl dort gar kein Schloss steht
- warum Ratzeburg im Jahr 1693 durch dänische Truppen in einer verheerenden Kanonade fast vollständig zerstört wurde
- welche wichtige Rolle Karl Adam für den Rudersport spielt
- warum die Straße „Demolierung“ diesen ungewöhnlichen Namen trägt
- warum die „Liebesinsel“ am Ratzeburger See „Barlach-Blick“ genannt wird
- dass es vor Jahrzehnten eine Kleinbahn in Ratzeburg gegeben hat
- woher der ungewöhnliche Name „Kreis Herzogtum Lauenburg“ stammt
- warum der Künstler Ernst Barlach das heutige „Barlach-Museum“ sein „Altes Vaterhaus“ nannte und warum Barlach in Ratzeburg begraben ist
- welches wunderbare Chaos sich am Tag der Grenzöffnung nahe Mustin am 12. November 1989 auf dem Ratzeburger Marktplatz abspielte
- woher der „Königsdamm“ und die „Langenbrücker Straße“ ihre Namen haben
- welches Juwel das A. Paul Weber-Museum darstellt
- welche kulturellen Schätze sich im Kreismuseum befinden
- warum der Dom zusammen mit dem Löwenstandbild einzigartig ist und warum sich auf dem Turm zwei Wetterhähne befinden
- welche große Bedeutung die St. Georgsberger Kirche im Mittelalter für die Christianisierung hatte und warum das Ansverus-Kreuz in Einhaus errichtet wurde
Die Informationstafeln stehen bereits an folgenden Standorten:
Schlosswiese, Rathaus Vorderseite, Rathaus Rückseite, Kurpark und Marktplatz
Es folgen in den kommenden Monaten die Standorte: Stadtkirche St. Petri, Königsdamm/Jägerdenkmal, A. Paul Weber-Museum, Kreismuseum, Dom, Barlach-Museum und Kirche St. Georgsberg
Auf allen Informationstafeln ist neben Fotos und Texten auch ein QR-Code zu finden. Damit kann der Nutzer mit seinem Handy lebhaft erzählte Podcasts aufrufen und anhören (deutsch oder englisch) und zusätzliche Informationen zu den einzelnen Objekten erhalten. Zugleich besteht die Möglichkeit, sich auf der Webseite der Stadt Ratzeburg die Podcasts vorspielen zu lassen (ratzeburg.de, Menü Stadt – Stadtarchiv).
Die Kosten für die Schilder speisen sich zu 55 Prozent aus EU-Fördermitteln von der AktivRegion Nord, Mitteln der Stadt Ratzeburg, des Kreises Herzogtum Lauenburg, sowie des Kreisverbands und des Ratzeburger Ortsverbands vom Heimatbund und Geschichtsverein.