Brüssel (pm). Vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU heute (Donnerstag) in Brüssel hat die Europäische Kommission ihre Empfehlungen an die Mitgliedstaaten veröffentlicht, welche Bevölkerungsgruppen prioritär eine Impfung gegen COVID-19 erhalten sollten, sobald ein sicherer und wirksamer Impfstoff verfügbar ist. „Wir haben intensive Anstrengungen unternommen, um Vereinbarungen mit Pharmaunternehmen zu treffen und uns künftige Impfstoffdosen zu sichern“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass wir vollumfänglich für die Bereitstellung des Impfstoffs vorbereitet sind, sobald dieser entwickelt wurde. Mit unserer Impfstrategie helfen wir den EU-Ländern bei der Ausarbeitung ihrer jeweiligen Impfkampagne.“
Sie sagte weiter: „Dies umfasst die Entscheidung, wer als erstes geimpft werden sollte, wie eine gerechte Verteilung erreicht werden kann und wie die Schwächsten geschützt werden können. Wenn unsere Impfmaßnahmen erfolgreich sein sollen, müssen wir jetzt die erforderlichen Vorkehrungen treffen.“
Alle Mitgliedstaaten werden gleichzeitig auf Impfstoffe gegen COVID-19 zugreifen können, und zwar abhängig von ihrer Bevölkerungsgröße. Zu Beginn der Bereitstellung und bis die Produktion aufgestockt werden kann, wird die Gesamtzahl der Impfstoffdosen jedoch begrenzt sein. In der heutigen Mitteilung der Kommission werden – ohne Angabe einer Rangfolge – Beispiele für prioritäre Gruppen genannt, die die Länder beachten sollten, wenn Impfstoffe gegen COVID-19 bereitstehen:
- Gesundheits- und Pflegepersonal
- über 60-Jährige
- Menschen, bei denen aufgrund ihres Gesundheitszustands ein erhöhtes Risiko besteht
- systemrelevantes Personal
- Menschen, die die Abstandsregeln nicht einhalten können
- stärker benachteiligte gesellschaftliche Gruppen.
Die Mitgliedstaaten sollten zudem Folgendes gewährleisten:
- dass die Impfdienste in der Lage sind, COVID-19-Impfstoffe zu verabreichen, auch dass sie über geschultes Personal und medizinische und Schutzausrüstung verfügen
- dass der Zugang zu den Impfstoffen für die Zielpopulationen problemlos und erschwinglich ist
- die Bereitstellung von Impfstoffen mit unterschiedlichen Merkmalen sowie Lager- und Transporterfordernissen, insbesondere mit Blick auf die Kühlkette, Kühltransport- und -lagerkapazitäten
- dass der Nutzen, die Risiken und die Bedeutung von COVID-19-Impfstoffen deutlich kommuniziert werden, um in der Öffentlichkeit Vertrauen aufzubauen.
Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas sagte: „Zwar steuern wir bei der Pandemie wieder auf die Zahlen vom März zu, aber bei unseren Vorsorgemaßnahmen sind wir besser aufgestellt. Die heute verabschiedeten Maßnahmen sind ein wichtiges Instrument im Rahmen der laufenden Maßnahmen der EU zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie; Ziel ist es, sichere, erschwingliche und zugängliche Impfstoffe gegen COVID-19 für alle in der EU sicherzustellen, sobald diese bereitstehen. Nur wenn wir an einem Strang ziehen, können wir ein Durcheinander verhindern und effizienter vorgehen als in der Vergangenheit.“
Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides ergänzte: „Der immer raschere Anstieg der Infektionsraten in der gesamten EU erfüllt mich mit großer Sorge. Uns läuft die Zeit davon – wir sollten alle mit oberster Dringlichkeit alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um die verheerenden Konsequenzen eines allgemeinen Lockdowns zu verhindern. Und wir müssen Vorkehrungen für die nächsten Schritte treffen. Der Impfstoff wird keine Patentlösung sein, aber er wird wesentlich dazu beitragen, Menschenleben zu retten und die Pandemie einzudämmen. Wenn bzw. falls ein sicherer und wirksamer Impfstoff gefunden wird, müssen wir vorbereitet sein, damit er so rasch wie irgend möglich verimpft werden kann; hierzu gehört auch, bei den Bürgerinnen und Bürgern Vertrauen in seine Sicherheit und Wirksamkeit aufzubauen. Impfstoffe retten keine Leben – Impfungen dagegen schon.“
Im Einklang mit der EU-Impfstoffstrategie vom 17. Juni stellen die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten die Herstellung von Impfstoffen gegen COVID-19 sicher, indem sie Abnahmegarantien mit Impfstoffherstellern in Europa vereinbaren. Jeder Impfstoff muss von der Europäischen Arzneimittel-Agentur im Einklang mit den regulären Standards betreffend Sicherheit und Wirksamkeit zugelassen werden. Die Mitgliedstaaten sollten jetzt damit beginnen, eine gemeinsame Impfstrategie zum Zweck der Bereitstellung von Impfstoffen festzulegen.
Hintergrund
Zu einem Zeitpunkt, an dem Europa in die nächste Phase der COVID-19-Pandemie eintritt, ist es umso wichtiger, dass die Länder gemeinsame Impfstrategien und -konzepte verfolgen. Auf der außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates vom 2. Oktober forderten die Mitgliedstaaten den Rat und die Kommission auf, die allgemeinen Koordinierungsbemühungen und die Arbeit zur Entwicklung und Verteilung von Impfstoffen auf EU-Ebene weiter zu intensivieren.
Am 24. September hat das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) seine aktualisierte Risikobewertung zur COVID-19-Pandemie zusammen mit einer Reihe von Leitlinien für nicht-pharmazeutische Maßnahmen (z. B. Handhygiene, Abstandswahrung, Reinigung und Belüftung) veröffentlicht.
Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit des Impfstoffs sind die Grundlagen für Entwicklung und Zulassung eines jeden Impfstoffs, und die Impfstoffhersteller sind verpflichtet, der Europäischen Arzneimittel-Agentur im Rahmen des Zulassungsverfahrens der EU ausführliche Unterlagen und Daten vorzulegen. Nach der Zulassung müssen die Sicherheit und die Wirksamkeit des Impfstoffs gemäß dem EU-Recht überwacht werden. Weitere Daten müssen zentral erfasst werden, um die Auswirkung und Wirksamkeit von COVID-19-Impfstoffen vom Standpunkt der öffentlichen Gesundheit aus zu bewerten, wenn diese in der Bevölkerung verimpft werden. Dies wird entscheidend sein, um die Pandemie zu bewältigen und den Europäerinnen und Europäern Vertrauen zu vermitteln.