Lübeck (pm). Seit gestern (17. August) gibt es eine neue Flug-Verbindungen zwischen Lübeck und Stuttgart sowie Lübeck und München. Sechsmal die Woche, Montag bis Freitag und Sonntag. Lübeck Air und die dänische Air Alsie bedienen diese Strecke mit einer ATR 72-500 – einem für den Regionalverkehr bewährten, komfortablen Verkehrsflugzeug.
„Wir bringen die starken Branchen des Nordens, wie Ernährungswirtschaft, Maschinenbau und Medizintechnik, näher an die Wirtschaftsräume des deutschen Südens heran. Und Ostsee-Urlauber aus Bayern und Baden-Württemberg eine bequeme Anreise von nur gut einer Stunde bis Lübeck. Wir starten allerdings auch in einer Zeit, in der das Wohl der Fluggäste weit über ein schönes Ambiente und schnelle Prozesse hinausgeht“, sind sich Professor Dr. med. Winfried Stöcker und Professor Dr.-Ing. Jürgen Friedel, die Geschäftsführer der Airline und des Flughafens, einig, “Wir sorgen beim Aufenthalt im Flughafengebäude und während des Fluges für Schutz der Passagiere und des Personals vor einer Ansteckung mit Covid-19“.
Den ersten Inlandsflug vom wiedereröffneten Flughafen Lübeck hatte sich allerdings verzögert. Gegen 5 Uhr in der Früh verschafften sich 16 Aktivisten der Bewegung „Extinction Rebellion“ (XR) Zugang zum Rollfeld und errichteten eine Sitzblockade. Drei Aktivisten klebten sich am Boden fest und verzögerten dadurch den Abflug um rund eine Stunde. Im Zuge des Ereignisses kam es zu mehreren Festnahmen. Extinction Rebellion protestiert damit gegen die Wiederaufnahme von Linienflügen. „Wir richten uns mit der Aktion speziell gegen Kurzstreckenflüge“, erklärt Lukas Schnermann aus dem Presseteam der Bewegung, „Die Zeitersparnis gegenüber einer Zugreise ist in der Regel gering oder nicht vorhanden. Im Gegensatz dazu ist der Ausstoß von Treibhausgasen um 450 Prozent höher als bei einer Zugreise. Diese Art der Mobilität können wir uns angesichts der fortschreitenden Klimakatastrophe nicht mehr leisten.“
Aktivisten rollten bei der Blockade des Flugfeldes einen Banner mit der Aufschrift „Kurzstreckenflüge nur für Insekten!“ aus. Dieser wurde dann allerdings von Sicherheitskräften auf dem blockierten Rollfeld zerrissen (siehe Livestream). Bei einem weiteren Manöver nutzten drei Aktivisten das Boarding, um den Abflug weiter zu verzögern. Ein Aktivist schaffte es, sich kurzzeitig an der Maschine festzukleben. Dabei wurde er von Sicherheitspersonal überwältigt. Im Zuge der morgendlichen Aktivitäten versammelten sich rund 70 Klimaaktivisten vor dem Haupteingang des Flughafens und unterstützten mit einer Mahnwache sowie weiteren kreativen Aktionen den Protest.
Aufgrund des 2019 ausgerufenen Klimanotstandes stehe laut XR Lübeck aktuell besonders im Fokus. „Die Hansestadt Lübeck und der Betreiber des Flughafens verschärfen den Klimanotstand, anstatt ihm entgegenzuwirken“, so Schnermann, „Und das ein Jahr nachdem Lübeck den Klimanotstand ausgerufen hat.“ Nun liege es an den Bürgern, aktiv zu werden und eine weitere Verschärfung zu verhindern. “Wir können nicht dabei zusehen, wie die Stadt vorsätzlich ihre eigene Bevölkerung im wahrsten Sinne des Wortes untergehen lässt.”
Zu den verschiedenen Protestaktionen seien bereits am Sonntag Aktivisten aus ganz Norddeutschland angereist, um ein Klimacamp vor dem Flughafen aufzuschlagen und sich zu vernetzen.
Die Bilanz der Polizei: Laut Polizeiangaben waren zu Montag bei der Versammlungsbehörde der Hansestadt Lübeck Demonstrationen, eine Mahnwache und ein sogenanntes Klimacamp angemeldet. Am frühen Montagmorgen versuchten fünf Personen mit einer Leiter über den Außenzaun des Flughafengeländes zu gelangen, dieses konnte durch Polizeikräfte unterbunden werden. Weitere fünfzehn Personen konnten an einer anderen Stelle durch den Zaun gelangen und wurden auf dem Vorfeld von Polizeikräften in Gewahrsam genommen. Von diesen versuchten drei sich mit Sekundenkleber zu fixieren. Auch dieses konnte rechtzeitig verhindert werden. Drei Personen hatten Flugtickets für den Flug nach München. Ein Passagier wollte sich mit Sekundenkleber am Flugzeug nach München fixieren. Dieses konnte durch einen Passagier sowie den anwesenden Polizisten und des Sicherheitsdienstes des Flughafens rechtzeitig unterbunden werden. Der Mann wurde von der Polizei in Gewahrsam genommen. Zwei weitere Passagiere, die sich zu dieser Aktion solidarisierten, wurde der Mitflug untersagt.
Über Nacht waren rund 80 Personen im Klimacamp. Hier kam es zu keinen Störungen. Zusammenfassend wurden 16 Personen (11 Männer, 5 Frauen) in Gewahrsam genommen. Sie müssen sich auch in einem Ermittlungsverfahren verantworten. Sieben Personen wurden nach Feststellung der Personalien umgehend entlassen. Die Polizeidirektion Lübeck war und ist weiterhin mit zahlreichen Beamtinnen und Beamten vor Ort. Sie wurde von Bereitschaftspolizisten der 1. Einsatzhundertschaft aus Eutin unterstützt.
Über Extinction Rebellion
Extinction Rebellion ist eine dezentrale Bewegung, die in 73 Ländern mithilfe von Aktionen des gewaltfreien zivilen Ungehorsams auf die Folgen der Klimakrise, den Kollaps der Ökosysteme und das Artensterben aufmerksam macht. Seit 2019 wendet sich Extinction Rebellion in Deutschland auch mit gezielten Aktionen direkt an Politik und verantwortliche Konzerne. Extinction Rebellion weist darauf hin, bei den Protesten die geltenden Infektionsschutzmaßnahmen zu beachten, Abstand zueinander zu halten und einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, um die Sicherheit aller beteiligten Menschen zu gewährleisten.