Ratzeburg/Mölln (aa). Wie fast alle Betriebe so traf der Corona-Shutdown im März auch das Burgtheater Ratzeburg schwer. Von einem Tag auf den anderen blieben die Projektoren aus und die Popcornproduktion wurde eingestellt. Auch wenn jetzt durch einige Lockerungen manche Unternehmen wieder unter Auflagen öffnen dürfen, für Kulturbetriebe wie Kino gilt das noch nicht. Bis es soweit ist, versucht nun Burgtheaterbetreiber Martin Turowski andere kreative Wege, um das Erlebnis „Kino“ zu den Menschen zu bringen.
„Wir haben ein tolles Jahr 2019 gehabt und viele Pläne für 2020. Jetzt kam auf einmal das Virus und legte alles lahm. Seit dem 13. März ist die ‚Bude‘ dicht – nicht schön!“, resümiert Turowski. Zusammen mit Theaterleiterin Annika Tonn habe er zunächst alle Kosten gesenkt, die zu senken waren. Zusammen mit Corona-Rettungsschirm des Landes könne sich das Kino so vorerst über Wasser halten, aber das ließe sich unter den gegenwärtigen Umständen nur bis Ende Mai, Anfang Juni durchhalten. Das Ostergeschäft sei bereits komplett weggebrochen. „Wir können nicht alles nachholen“, erklärt Martin Turowski die Lage. Aktuell liefen bereits die Planungen wie das Umrüsten der Theke mit Glasscheiben und ähnlichen Sicherheitsvorkehrungen. Aber selbst, wenn es in Kürze wieder los gehen sollte, gebe es aktuell keine neuen Filme. Viele internationalen Filmstarts seien zum Jahresende hin verschoben worden. Turowski: „Die Filmbranche ist aktuell am Boden.“ So sei zum Beispiel der neue Minionsfilm, der in Kürze starten sollte, noch nicht fertig synchronisiert. „Unsere einzige Hoffnung ist der Content, der schon fertig ist“, gibt sich Martin Turowski optimistisch. Dennoch gehe er davon aus, dass bis Ende 2020/Anfang 2021 kein normales Programm möglich sein wird. Und noch eines macht er klar, sobald wieder geöffnet werde, gingen die Kosten wieder auf 100 Prozent. Eine Stück für Stück Öffnung wäre nicht möglich. „Wenn das Kino pleite geht, ist es zuende“, warnt er.
„Ich bin aber guter Dinge, dass wir die Corona-Krise gut überstehen“, lenkt Turowski gleich wieder frohen Mutes ein. Sein Dank gelte hierei auch den rund 1.400 Mitgliedern des Filmclubs Burgtheater Ratzeburg sowie vielen treuen Besuchern, die in den letzten Wochen durch Spenden sowie den Kauf von Gutscheinen für einen starken Rückhalt sorgten. Turowski: „Das hilft zwar nicht komplett das Kino zu retten, aber es ist eine große moralische Stütze.“ Annika Tonn ergänzt: „Ja, das tut sehr gut.“
Bis es auf irgendeine Weise am Theaterplatz 1 in Ratzeburg wieder weiter gehen kann, sind Turowski und Tonn auf der Suche nach Alternativen. Turowski: „Wir würden gerne Autokino anbieten – komplett kontaktlos und digital.“ Und so soll es funktionieren: Die Kinokarten sowie Getränke und Knabbereien würde man zu hause über die Homepage des Burgtheaters bestellen und online bezahlen. Dafür gebe es einen QR-Code auf das Handy. Bei der Einfahrt ins Autokino würden die Besucher ihr Handy samt abgebildeten QR-Code nur an die Fensterscheibe halten müssen, würden dann zu ihrem Stellplatz geleitet, wo bestellte Cola und Popcorn schon auf einem Tisch bereitstünden. Der Ton käme über das Autoradio. Die würde ein über örtlich begrenzter Radiosender ermöglichen, den Turowski bei der Bundesnetzagentur beantragt hat.
Aktuell liefen Gespräche mit den Bürgermeistern in Mölln und Ratzeburg, wo das Autokino stattfinden können. Für Ratzeburg zeichnet sich bereits ab, dass es der Parkplatz vor dem Rathaus werden könnte. Rund 50 Autos könnten hier bei entsprechend erhöhter Leinwand an Wochenenden Platz finden. Werktags beziehungsweise tagsüber könne der Parkplatz weiter wie gewohnt genutzt werden. Unten vor der Leinwand sei zudem eine Bühne geplant. Das Bild kommt vom mobilen Projekt, der auch immer im Sommer beim Freiluftkino Verwendung findet. „Man kann die Technik auch anders nutzen“, meint Martin Turowski. Da vor Einbruch der Dämmerung das Kino nicht starten kann, könne bis dahin Bühne und Technik beispielsweise für Konzerte und einen Sonntagsgottesdienst genutzt werden. „Auch damit retten wir das Burgtheater nicht, aber es wäre ein guter Auftakt. Die Menschen brauchen Perspektiven“, so Turowski.
So gut durchdacht und kontaktlos die Idee des Autokinos auch ist, sie habe aktuell laut Turowski noch ein einziges Problem: „Trotz Kontaktlosigkeit gilt es als Großveranstaltung und wir haben daher noch keine Genehmigung.“ Als großen Für-Sprecher konnte er den lauenburgischen Landtagsabgeordneten Christopher Vogt (FDP) gewinnen, der sich vor Ort ein Bild machte. „Wir waren in Schleswig-Holstein früh wesentlich strikter als andere Bundesländer. Veranstaltungen mussten untersagt werden, weil sie die Verbreitung des Virus besonders begünstigen. Autokino hatten wir dabei gar nicht im Blick, weil es das bis jetzt in Schleswig-Holstein so nicht gab“, so Vogt. Das Zurücknehmen von Maßnahmen sei jetzt viel komplizierter als der vorherige Lockdown. Vogt: „ Die Maßnahmen waren drastisch, aber erfolgreich.“ Die Idee des Autokinos halte er aufgrund der Kontaktlosigkeit als genial und einen „guten Auftakt“. „Eine gute Verbindung von Kultur und Infektionsschutz“, erklärt Vogt. Das Thema sei in Kiel bereits „adressiert“, bis zum 30. April 2020 solle es geklärt sein.
Wenn es dann losgehen sollte, könne sich Turowski vorstellen im Wechsel drei Tage Autokino in Mölln und drei Tage in Ratzeburg im Wechsel anzubieten. Es gesprochen werden soll ein breites Publikum mit noch aktuellen Filmen wie zum Beispiel „Nightlife“ als auch typischen Filmclubfilmen. Abschließend lobt Turowski die bislang positiven und engagierten Gesprächen mit den Bürgermeistern Jan Wiegels und Gunnar Koech. Aber auch andere Gemeinden im Kreisgebiet könnten sich bei ihm melden, wenn eine passende Örtlichkeit samt Projektionsfläche für das Autokino stellen können. „Ich bin für alles offen“, zeigt sich der Burgtheaterchef gesprächsbereit.