Ratzeburg (pm). Bereits Ende Januar besuchte eine Expertendelegation auf Einladung von „Allianz pro Schiene e.V.“ die Stadt Ratzeburg, um dort praxisorientierte Lösungsansätze für die Schaffung von Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen zu diskutieren. Es handelte sich um eine Exkursion im Zuge des Projektes „Fahr-Rad-zum-Zug“, welches im Auftrag des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur an konkreten Beispielen von drei unterschiedlich großen Bahnhofstypen übertragbare Lösungswege zur Verbesserung der Parksituation für Fahrräder erarbeiten soll. Am realen Fall, so das Ziel des Projektes, soll ein Leitbild entwickelt werden, das auf andere Bahnhöfe übertragbar ist. Ratzeburg war nach Aachen die zweite Station dieser bundesweiten Rundreise und wurde beispielhaft als „kleiner Bahnhof in der Region“ aufgesucht.
Zu Beginn richtete die Expertendelegation den Blick auf die Situation vor Ort. Guido Klossek vom städtischen Bauamt erläuterte das Bahnhofsumfeld und die verschiedenen Defizite, wie das ungenügende Toilettenangebot und die geringe Kapazität von Fahrradstellplätzen. Er konnte dabei durchaus auf konkrete Lösungsansätze und bestehende Planungen verweisen, den Bahnhof entsprechend aufzuwerten. So sei eine neue Toilettenanlage in Planung, ebenso eine neue Fahrradabstellanlage. Allerdings, so Klossek selbstkritisch, müssten die Verkehrsteilnehmer leider mit viel Geduld auf diese dringend benötigten Verbesserungen warten. Fehlende Planungskapazitäten würden die Umsetzung derzeit behindern und verzögern. „Das ist ein Phänomen, welches wir in vielen Bereichen des Tief- und Hochbaus gerade feststellen“, so Klossek. Zumindest mit Blick auf die geplante Fahrradabstellanlage zeigte sich Klossek jedoch optimistisch, dass sie dieses Jahr noch umgesetzt werden könne. Im Anschluss führte Oliver Victor die Gäste durch das Bahnhofsgebäude und erläuterte das Konzept der „Erlebnisbahn Ratzeburg GmbH“.
Ausgehend von den Eindrücken am Bahnhof wurde nachfolgend im Rathaus diskutiert, wie die Situation für Fahrradfahrer besser und attraktiver gestaltet werden könnte. Es herrschte Konsens in der Expertenrunde, dass es hilfreich wäre, einen Planungsexperten zur Ermittlung der Bedarfe für eine Fahrradabstellanlage zu Rate zu ziehen. „Die Erfahrung in Schleswig-Holstein habe gezeigt, dass zwar in der Regel die Verwaltung (Stadt, Gemeinde, Kommune) die treibende Kraft hinter der Planung einer Abstellanlage ist. Allerdings verfüge diese in der Regel kaum über Erfahrungen mit den komplexen Schnittstellen zu Bahn und Förderprogrammen. Sehr hilfreich sind hier Unterstützungsangebote an die Kommunen, wie sie in Schleswig-Holstein von der NAH.SH entwickelt wurden.“, sagte Isabel Vollmer, Referentin Drittmittelprojekt „Fahr-Rad-zum-Zug“, Allianz pro Schiene e.V..
Für die erfolgreiche Entwicklungsphase einer Abstellanlage empfahlen die Experten zudem, Anwohner, Anlieger und Politik frühzeitig zu informieren. Mögliche Stolpersteine für die Umsetzung einer geplanten Anlage könne hier das Fehlen eines Konzepts für die Einbindung des bestehenden ÖPNV und seiner Flächen, wie Bushaltestellen, sein. Für die Gestaltung der Anlagen riet die Runde, den Wohlfühlfaktor für die Nutzer aktiv mitzudenken. Es sei wichtig, dass Radfahrende das Rad mit einem guten und sicheren Gefühl abstellen zu können, auch über Nacht. Einig war sich die Expertenrunde auch, dass die Planung und Umsetzung nicht allein durch die Gemeinde getragen werden kann. Förderprogramme wie beispielsweise NAH.SH oder B+R-Offensive können hier gute Wegbegleiter sein. Ebenso sollten Fahrradabstellanlagen immer in ein Gesamtkonzept eingebunden werden. Die Stadt Ratzeburg hat in den vergangenen Jahren die Radwege ausgebaut und erneuert. Eine solch fahrradfreundliche Infrastruktur und die gute Anbindung an das Schienennetz sind Grundvoraussetzungen für bedarfsgerechte Fahrradabstellanlagen an kleinen Bahnhöfen.