Ratzeburg (pm). Die Inselstadt Ratzeburg hat zahlreiche Bezüge in Europa. Da sind zuvorderst die Partnerstädte, in Frankreich, in Belgien, in Dänemark, in Schweden und in Polen, zu denen enge Kontakte gepflegt werden. Jährliche Verbrüderungstreffen führt Ratzeburg mit seinen frankophonen Freunden in Châtillon-sur-Seine, Esneux und Walcourt zusammen. Es besteht ein reger Kulturaustausch mit Ribe.
Die Freiwillige Feuerwehr unterhält freundschaftliche Verbindungen ins polnische Sopot. Und der Ratzeburger Jugendbeirat hat sein Interesse voller Neugier auf diese Städtepartnerschaften gerichtet, um sie für junge Menschen neu zu entdecken. Da sind aber auch europäische Initiativen in den weiterführenden Schulen der Stadt, mit Schulpartnerschaften ins dänischen Aarhus oder nach Rom seitens der Lauenburgischen Gelehrtenschule oder ins schwedische Schonen über die wiederkehrenden Exkursionen der Gemeinschaftsschule Lauenburgische Seen. Auch die Ratzeburger Sportvereine pflegen europäische Kontakte, beispielsweise beim Ratzeburger Ruderclub mit ihren Ruderfreunden im französischen Cognac oder durch die Beteiligung der Ratzeburger Handballsparte am „Lions Cup“, der wiederkehrend Mannschaften aus ganz Europa zu Gast hat.
Im Vergleich zu diesen vielfältigen gelebten Kontakten ist die Stadt erstaunlich wenig aktiv in europäischen Förderprogrammen. Sie beteiligt sich zwar an der AktivRegion Herzogtum Lauenburg Nord, die mit Mittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums“ (ELER) unterschiedliche Projekte, wie jüngst den Ausbau der Uferpromenade am Karl-Adam-Weg, fördert. Ansonsten werden europäische Förderprogramme nur sehr punktuell genutzt, beispielsweise bei der Ausgestaltung von vierjährig wiederkehrenden Verbrüderungstreffen in Ratzeburg im Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ oder im Programm „WiFi4EU“ für einen öffentlichen WLAN-Ausbau. „Dies ist in dem Sinne erstaunlich, da Ratzeburg mit all diesen Verbindungen gute Möglichkeiten hätte, sich in europäischen Programmen viel aktiver zu zeigen“, sagt Nadine Böttcher, Projektmanagerin beim Jugendförderverein Parchim/Lübz e.V. und dort zuständig für europäische Förderprogramme. Sie hat im Rahmen eines Beratungsgesprächs mit Bürgermeister Gunnar Koech diese guten Voraussetzungen Ratzeburgs einmal skizziert, beispielsweise im Europaprogramm „Erasmus+“, das insbesondere Schulen sehr gute Möglichkeiten für einen europäischen Austausch bietet. „Entscheidend neben einer überzeugenden Idee ist dabei, zwei europäische Partner zu finden, möglichst aus unterschiedlichen Regionen und Kulturkreisen. Gerade hier ist Ratzeburg bestens aufgestellt“, so Böttcher.
Bürgermeister Gunnar Koech nahm diese Anregungen dankend auf und lud nachfolgend zu einem ersten Sondierungsgespräch mit Vertreter*innen aus den weiterführenden Schulen, aus der offenen Jugendarbeit, aber auch von der Jugendpflege des Kreises Herzogtum Lauenburg, wo mit Ole Martens ein ausgewiesener Fachmann für europäische Jugendaustauschformate sitzt. In diesem Gespräch wurden zunächst die unterschiedlichen Erfahrungen mit europäischen Jugendaustauschprojekten kritisch zusammengetragen, die Erfolge, wie auch die Schwierigkeiten. In einem zweiten Schritt wurden Möglichkeiten einer konzertierten Zusammenarbeit ausgelotet, um sich zukünftig mit Unterstützung der Verwaltung auch in europäischen Förderprogrammen bewegen zu können. Hierzu konnten sowohl Nadine Böttcher als auch Ole Martens zahlreiche Anregungen geben, beispielsweise eine Beteiligung im Netzwerk „Kommune goes international“.
Seitens der Schulen wurden diese Überlegungen aus dem Rathaus, sich federführend für solche Europainitiativen zu zeigen, sehr begrüßt. Untereinander wurde ein regelmäßiger Austausch zu geplanten Europaexkursionen seitens der Schulen angeregt. Ganz konkret konnte Bürgermeister Gunnar Koech auf eine Anfrage aus der polnischen Partnerstadt Sopot verweisen, die sich im Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ mit dem Projekt “Our future in Europe – international debate for youths from Sopot, Ratzeburg and Naestved Cities” bewerben möchte und dafür um die Mitwirkung von Ratzeburger Schulen warb. Diese konnte im Nachgang dieses Sondierungsgesprächs auch zugesagt werden. „Ich freue mich sehr, dass wir uns an der Europainitiative unserer polnischen Freunde beteiligen können. Es ist nicht nur für die teilnehmenden Schüler*innen ein Gewinn, sondern auch ein guter Lernprozess in unserem Rathaus, in einem Europaprojekt mitzuwirken ohne gleich Antragsteller sein zu müssen. Davon werden wir sehr profitieren“, sagte Bürgermeister Gunnar Koech.