Herzogtum Lauenburg (pm). Die Lage auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor gut, der Fachkräftebedarf steigt ständig. Dennoch hat Deutschland einen der größten Niedriglohnsektoren in Europa. Laut einer DIW-Studie sind inzwischen – unter Berücksichtigung der Teilzeit- und Nebenjobs – bundesweit mehr als neun Millionen Menschen davon betroffen. Der Bruttolohn von 10,80 Euro ist die nach internationalen Standards in Deutschland geltende Grenze für Niedriglohn.
„Besonders dramatisch ist, dass es inzwischen deutschlandweit mehr als 4 Millionen Menschen gibt, die in einem Vollzeitjob arbeiten, deren Lohn aber nicht ausreicht, um ein auskömmliches Leben zu führen“, so die Vertreterin des DGB-Kreisverbandes Lauenburg Simone Kroll-Schilke. Allein hier im Herzogtum Lauenburg waren 2017 im Jahresdurchschnitt 6.947 Menschen in Vollzeit beschäftigt zu Stundenlöhnen von weniger als 10,80 Euro. Das waren 25 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten.
Besonders hoch ist der Anteil bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss (52 %), bei Frauen (35 %) und bei ausländischen Beschäftigten (55 %), wie die beigefügte Tabelle zeigt.
So viel Prozent der jeweiligen Vollzeitbeschäftigten im Herzogtum Lauenburg erhalten nur Niedriglohn:
Beschäftigte in Vollzeit (VZ) | VZ-Beschäftigte mit Niedriglohn | VZ-Beschäftigte mit Niedriglohn in % | |
INSGESAMT | 28555 | 6947 | 25 % |
Männer | 19249 | 3784 | 20 % |
Frauen | 9306 | 3163 | 35 % |
mit Berufsabschluss | 23127 | 4442 | 19 % |
ohne Berufsabschluss | 1961 | 1009 | 52 % |
Ausländer | 2089 | 1114 | 55 % |
Quelle: Statistik der BA, 2019
Niedriglöhne verstärken soziale Ängste und Unsicherheiten und erschweren die wichtige Vorsorge für das Rentenalter. Zentrale Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes sind deshalb, den gesetzlichen Mindestlohn perspektivisch auf ein existenzsicherndes Niveau anzuheben und die Tarifbindung zu stärken. Schließlich liegt im Schnitt das Einkommen mit Tarifvertrag bei einer Vollzeitstelle rund 500 – 800 EUR pro Monat höher. Nur noch 44 % der Beschäftigten bekommen aber laut Statistikamt Nord in Schleswig-Holstein eine mit Gewerkschaften ausgehandelte tarifliche Entlohnung.
Beschäftigte sind hier auch selbst gefragt: Mithilfe ihrer Gewerkschaft können sich Beschäftigte eine Tarifbindung erstreiten. „Vom Himmel fällt der Tarifvertrag nicht. Er muss immer wieder von Gewerkschaftsmitgliedern erstritten und verteidigt werden.“ betont Simone Kroll-Schilke.
Aber auch die Politik ist gefragt: Stärkung der Tarifbindung heißt nämlich auch, Tarifverträge deutlich leichter allgemeinverbindlich erklären zu können, damit sie ausnahmslos in der gesamten Branche gelten und der Konkurrenzkampf über Lohndumping ein Ende hat. Das fordert der DGB beispielsweise für Pflegefachkräfte. Zudem gilt es Tariftreueregelungen verbindlich in öffentliche Ausschreibungen aufzunehmen. Hier sieht Simone Kroll-Schilke die Kommunalpolitik gefordert: „Millionen Euro fließen im Auftrag von Kreis und Kommunen jährlich in öffentliche Dienstleistungen, Produkte oder Baumaßnahmen. Hier auf Tariftreue zu achten, ist ein wichtiges Instrument gegen Niedriglöhne und wirkt außerdem dem Kaufkraftverlust in der Region entgegen.“