Groß Grönau (tbi). Es war eine der ersten Veranstaltungen des Kultursommers am Kanal 2019 und dessen Intendant Frank Düwel war begeistert: „Das machen wir nächstes Jahr wieder“, resümierte er nach der dreiteiligen Veranstaltung am Nachmittag in Groß Grönau.
„Wie schwer ist es, eine Mannschaft so aufzustellen, dass sie sozialen und integrativen Zielen und gleichzeitig Leistungsanforderungen gerecht wird?“ So lautete eine Einführungsfrage des Initiators und Moderators, dem Gesellschaftsforscher und Sozialökonom Dr. Thorsten Philipps, der auch als Künstler und Journalist bekannt ist. Zur Einstimmung des Nachmittages sahen sich die Podiumsteilnehmer mit vielen Gästen ein kurzes Fußballspiel an: Die U7 – Kinder vom SC Buntekuh haben fast alle einen Migrationshintergrund, die Heimmannschaft vom TSC Eintracht Groß Grönau dagegen kaum. Das spielte bei dem Match dann auch überhaupt keine Rolle, man ging fair und sportlich miteinander um. Neben Intendant und Regisseur Frank Düwel diskutierten anschließend Künstlerin und Kommunalpolitikerin Gesine Biller, Calvin Fromm (SPD), Kreistagsabgeordneter und Experte für Wirtschaft und Soziales sowie Andreas Laudi, Trainer des SC Buntekuh unter Leitung von Dr. Philipps über „Mannschaftsaufstellung“ im gesellschaftlichen Kontext. Frank Düwel bekannte sich dazu, Fußballfan zu sein, und griff sofort die Parallele zur Regiearbeit am Theater auf: „Mein Thema ist, wie ich eine Mannschaft aufstelle und so Menschen mit ihren Stärken und Schwächen zusammenbringe. Die Menschen verbinden sich miteinander und erleben großartige Geschichten, das ist in Sport und Kunst so“, sagte Düwel. Trainer Andreas Laudi bestätigte den Eindruck des vorangegangenen Spiels: „Gegenüber dem Leistungssport geht es bei uns nur um Spaß. Integration ist hier überhaupt kein Thema, sie wird einfach gelebt.“
Gesine Biller berichtete von der offenen Kunstwerkstatt des Fördervereins der VHS Ratzeburg. „Zusammen leben – zusammen gestalten“ lautet der Titel des Jahresprojektes, das von der Partnerschaft für Demokratie Stadt Ratzeburg – Amt Lauenburgische Seen aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert wird. „Wir machen gemeinsam verschiedene Kunstprojekte, haben eine Spielecke und Betreuung für Kinder, so dass auch Mütter einfacher teilnehmen können. Es ist ein niedrigschwelliges und für die Teilnehmer kostenloses Angebot und das Zusammenwirken dort ist sehr beglückend. – Es wimmelt vor guter Laune. Und wir sind so integrativ, wir lassen sogar Männer zu und haben die Welt zu Gast“, sagte Biller.
Dass Sport und Kultur maßgebende Faktoren für Integration seien, und so „Mannschaften“ entstehen, ist auch die Überzeugung von Calvin Fromm. „Das gelingt bei Jugendlichen auch oft über die Musik“, meinte Fromm. „Ohne Vereine, Verbände und Volkshochschulen würde es gar nicht gehen, denn die Sportförderung des Kreises ist wegen der Konsolidierung der Finanzen stark zurückgegangen“, so der Kreistagsabgeordnete. Fromm betonte auch, dass in der Wirtschaft händeringend nach Nachwuchs gesucht wird und die deutsche Sprache wesentlich sei, um in Arbeitsprozesse integriert werden zu können. Nach seiner Überzeugung funktioniere auf kommunaler Ebene „vieles schon sehr gut“, es bleibe aber Aufgabe der Politik, Schwierigkeiten abzufedern.
Gesine Biller wusste aus ihrer Arbeit mit den „neuen Nachbarn“, wie sie die ehemaligen Flüchtlinge bezeichnet, zu berichten: „Viele würden durch Arbeit etwas zurückgeben, weil sie so dankbar sind, dass ihre Kinder hier in Frieden aufwachsen sehen können, dürfen es aber nicht.“
„Wie bekommen wir es hin, dass wir offen aufeinander zugehen können?“, fragte Frank Düwel und lieferte selbst eine Antwort: „Es muss egal sein, wie man aussieht. Das Bewerten von Menschen muss mehr zu einem Schätzen werden. Wir kommen nicht umhin, manchmal etwas zu bewerten, aber wir müssen fair sein. Erwachsen sein, heißt fair sein.“
Aus den Reihen der Gäste regte Andreas Bewersdorf an, „den Begriff ´Integration´ lieber meiden und besser von ´Miteinander´ zu sprechen“.
Moderator Dr. Thorsten Philipps fasste seinen Eindruck aus dem rund 90-minütigem Gespräch unter anderem mit der Feststellung zusammen, dass die „Mannschaftsaufstellung“ in Deutschland insgesamt besser sei, als es global der Fall ist. Applaus von den Gästen und vom Podium erhielt Gesine Biller für ihre Worte: Lasst uns, mit dem, was wir können, starke Menschen machen. Das kann auch global ein Weg sein!“
Sichtlich mehr als zufrieden mit dem Gespräch meinte abschließend Frank Düwel: „Sport, Kunst und Politik an einem Tisch; es ist wundervoll!“
Im dritten Teil des Nachmittags bot Dr. Philipps eine Einführung in die Ausstellung an. Im Gemeindehaus und nebenan im „Das EssZimmer“, zeigen Philipps selbst sowie Simone Hamann und Klaus Schwinge Kunstwerke zur „Mannschaftsaufstellung“.