Lübeck (pm). Eine neue Dynamik für Norddeutschland und besonders für den Standort Schleswig-Holstein wünscht sich Dr. Bernd Buchholz. Der Wirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein warb als Gastreferent in der Sitzung des Vollversammlung der IHK zu Lübeck, die unter dem Vorsitz von Präses Friederike C. Kühn tagte, dafür, Wirtschaft und Wissenschaft und damit Gründungen und Innovationen noch enger zu verzahnen als bisher.
„Wir haben ein starkes Nord-Süd-Gefälle in Deutschland. Die Wachstumsraten in Bayern und Baden-Württemberg sind deutlich höher als unsere. Wir können nur Anschluss halten und die Wertschöpfung erhöhen, wenn wir mehr in Forschung und Entwicklung investieren“, so Buchholz. Damit das Land mehr Fahrt aufnimmt, sei die Landesregierung bereit, den Mittelstand, der im Gegensatz zu den Konzernen selten Forschungs- und Entwicklungsabteilungen habe, zu unterstützen.
Den wesentlichen Vorteil für das Erproben neuer Technologien besitze Schleswig-Holstein mit seinem Reichtum an Windenergie. „Es ist sinnvoll, diese hier gewonnene Energie hier zu verbrauchen. Industrie entsteht dort, wo es ausreichend und günstige Energie gibt“, betonte der Minister. Daher sollten Land und Kommunen schon jetzt die Voraussetzungen für die Ansiedlung moderner Industrie schaffen. Buchholz: „Dafür benötigen wir Fachkräfte. Die Unternehmen sollten sich anstrengen bei der Suche nach Auszubildenden und dazu beitragen, die Duale Ausbildung aufzuwerten.“ Aufgrund enger Kontakte des Landes mit dem Silicon Valley in den USA würden sich auch die Amerikaner für das nachhaltige deutsche System interessieren. Das Land wirbt zudem bei Jugendlichen mit seiner Kampagne #bleiboben für Ausbildung und Karrieremöglichkeiten in Schleswig-Holstein.
Gute Nachrichten für den Standort Lübeck hatte der Minister ebenfalls dabei. Er gab bekannt, dass das Land den Ausbau des Skandinavienkais im Hafen mit 17,3 Millionen Euro fördern werde. „Wir stellen die Infrastruktur auf eine neue Stufe und investieren, damit der Hafen seinen Güterumschlag erhöhen kann. Davon werden auch andere Wirtschaftszweige im Norden profitieren“, sagte er im Dialog mit den Mitgliedern der Vollversammlung. Positive Effekte für den Norden erwartet Buchholz auch vom Bau der festen Fehmarnbelt-Querung. „Es geht um mehr als die Verbindung der Inseln Fehmarn und Lolland, das müssen wir in der Öffentlichkeit immer wieder herausstellen. Es geht um die Verbindung zweier großer Wirtschaftsräume, Hamburg und Kopenhagen. In diesen Dimensionen müssen wir denken. Daher müssen wir jetzt prüfen, wo wir Unternehmen brauchen und ansiedeln können“, betonte der Minister.
Enttäuscht zeigte er sich über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, den Planfeststellungsbeschluss für den vierten Abschnitt der Autobahn A20 in Teilen für fehlerhaft zu erklären. „Das Fehlerheilungsverfahren wirft uns um Jahre zurück“, sagte Buchholz und kündigte an, dass das Land mit Hochdruck an der Aufgabe arbeite. Zugleich beklagte er den Widerspruch zwischen Planung und Rechtsprechung, die häufig aktuelle Aspekte berücksichtige und nicht die Rechtslage zum Zeitpunkt der Planung: „Wir kommen nur weiter, wenn wir das Planungsrecht so in die Hand nehmen, dass sich nur überprüfen lässt, was zum Zeitpunkt der Planung Stand der Dinge war. Andernfalls hinken wir immer hinterher.“
Präses Kühn betonte die Bedeutung der engen Kooperation in Norddeutschland auch für die Wirtschaft. „Wir begrüßen jede Initiative, die den Standort stärkt.“ Die Industrie- und Handelskammern seien vielfach mit gutem Beispiel vorangegangen. So habe die IHK Nord, der Zusammenschluss der zwölf Küsten-Kammern in den fünf nördlichen Bundesländern, das Projekt „Zukunft Norddeutschland“ gestartet, um eine gemeinsame Zielvorstellung für Norddeutschland zu entwickeln, diese mit einer Zukunftsperspektive zu verbinden und den Norden dahinter zu vereinen. Erste Leitprojekte befänden sich bereits in der Phase der Realisierung. Auch der Wissenstransfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sei besonders in Lübeck sehr ausgeprägt, sagte die Präses. Dafür kooperiere die IHK eng mit den Hochschulen und vernetze Unternehmen und Institute.
Auf der Tagesordnung der Vollversammlung stand zudem die Aufnahme eines neuen Mitglieds. Tobias Fischer-Zernin, Alleinvorstand der Ahrensburger Behrens AG, rückte für Dr. Peter Grahofer nach, der als Geschäftsführer der LUGATO GmbH & Co. KG mit Sitz in Barsbüttel ausgeschieden und in den Ruhestand gegangen ist. Zudem beschloss die Vollversammlung den Wirtschaftsplan für 2019. Ein Schwerpunkt der IHK im kommenden Jahr wird es sein, die Digitalisierung voranzutreiben. „Das gilt für unsere Services und Angebote wie auch für die Beratungsleistungen für unsere Mitglieder“, erläuterte IHK-Hauptgeschäftsführer Lars Schöning. Die erfolgreiche Initiative „Mein Unternehmen Zukunft“ zur Stärkung des Unternehmertums wird die IHK ebenfalls fortführen. „Bei unseren Aktivitäten achten wir auf die Wirtschaftlichkeit. Daher haben wir auch für 2019 eine Beitragsminderung in Höhe von 20 Prozent geplant und entlasten damit unsere Mitglieder“, so Schöning. Bereits in diesem Jahr hat die IHK die Beiträge um fünfzehn Prozent gemindert.