Ratzeburg (pm). Anlässlich des 80. Todestages von Ernst Barlach hatte der Förderverein des Barlach-Museums Ratzeburg zu einer szenischen Lesung mit dem Hamburger Schauspieler Wolfgang Häntsch in die Petri-Kirche eingeladen. Häntsch verkörperte – wie schon im Rahmen des Kultursommers am Kanal – in eindrucksvoller Weise den Künstler und trug aus Texten von und über Ernst Barlach vor, die allesamt das Thema „Barlach und Ratzeburg“ zum Gegenstand hatten. Im Mittelpunkt stand dabei die Kindheit Ernst Barlachs, in der er von 1876 bis zum frühen Tod des Vaters Dr. Georg Barlach 1884 in Ratzeburg wohnte und auch die Lauenburgische Gelehrtenschule besuchte, sowie die Bestattung Barlachs.
Im Oktober 1938 wurde er auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin nicht in Güstrow, wo er ab 1910 lebte, sondern in Ratzeburg bestattet. Aber auch in seiner Schaffenszeit als anerkannter und später von den Nationalsozialisten geächteter Künstler hat Barlach Ratzeburg nie vergessen. Dies belegen mehrere in seinen Briefen angesprochene Besuche in Ratzeburg sowie ein 1947 verfasster Text seines Bruders Hans – von Wolfgang Häntsch einfühlsam zitiert.
Die Texte recherchiert und zusammengestellt hatte der Vorsitzende des Fördervereins, Professor Dr. Ralf Röger. Dieser trug auch die biographischen Überleitungen zwischen den einzelnen Lebensphasen vor. Hier erfuhren die Zuhörer beispielsweise von dem Pistolenduell zwischen Ernst Barlachs Vater Dr. Georg Barlach und dem Schönberger Arztkollegen Dr. Carl Marung am 4. August 1872 um 6 Uhr früh im Zarnewenzer Gehölz bei Schönberg. Dieses war wohl mitursächlich für den späteren Umzug der Familie Barlach von Schönberg nach Ratzeburg. Auch berichtete Röger davon, dass der kleine Ernst ausweislich der Schulakten der Lauenburgischen Gelehrtenschule die Quinta von Ostern 1881 bis Ostern 1883, also zwei Jahre lang besuchen „durfte“. Mit zeitgenössischer Musik umrahmt wurde die Lesung von dem Gitarristen Niels Rathje, der unter anderem als Dozent an der Kreismusikschule Ratzeburg tätig ist.
Am Ende des knapp zweistündigen Programms wies Röger nochmals darauf hin, dass „Barlach und Ratzeburg“ weit mehr ist als nur die allgemein bekannten acht Jahre Kindheit; nämlich: eine lebenslange Verbundenheit des Künstlers bis in den Tod hinein und bis in die Gegenwart fortgesetzt sowohl durch das Barlach-Museum im „Alten Vaterhaus“ als auch dadurch, dass die Familie Barlach heute in sechster Generation in Ratzeburg lebt.