Kiel (pm). In Schleswig-Holstein leben aktuellen Schätzungen des Robert-Koch-Instituts zufolge rund 330 Menschen, die sich unwissentlich mit HIV infiziert haben. Viele Diagnosen erfolgen u. a. auch deshalb sehr spät, weil Betroffene Angst oder falsche Scham vor einem HIV-Test in einer Arztpraxis haben. Dieser Schritt wird nun leichter: Seit Anfang Oktober können entsprechende Tests ohne ärztliche Verordnung in Apotheken, Drogerien, Beratungsstellen oder online gekauft werden. Die Selbsttests sind einfach durchzuführen und zeigen das Ergebnis nach wenigen Minuten an.
Gesundheitsminister Heiner Garg begrüßt diesen Schritt: „„Leider sehen sich HIV-Infizierte noch immer mit Vorurteilen konfrontiert und kämpfen mit Stigmatisierungen. Daher schrecken nach wie vor viele bei dem Verdacht einer Ansteckung vor einem Test in einer Praxis zurück. Unwissen über den eigenen Status wirkt sich jedoch negativ auf die Behandlungsprognose aus und erhöht das Risiko weiterer Ansteckungen. Die Selbsttests sind daher ein wichtiges niedrigschwelliges Angebot, um den Betroffenen schnell und anonym Klarheit zu verschaffen.““
Nachdem der Bundesrat einer Änderung der Medizinprodukteabgabeverordnung zugestimmt hatte, sind Selbsttests seit Anfang Oktober frei verkäuflich. Ohne ärztliche Verordnung können Bürgerinnen und Bürger diese ab etwa 20 Euro z. B. in Apotheken, Drogerien, Beratungsstellen oder online erwerben. Die HIV-Selbsttests sind einfach durchzuführen: Wenige Tropfen Blut aus der Fingerkuppe, die auf den Test übertragen werden müssen, reichen aus. Das Ergebnis wird innerhalb einer Viertelstunde angezeigt. Wichtig ist – insbesondere beim Online-Kauf: Nutzerinnen und Nutzer sollten sich vergewissern, dass der Test ein CE-Prüfzeichen trägt, für die Anwendung durch Laien in Europa zugelassen ist und laut Beschreibung über eine hohe Sensitivität (Empfindlichkeit) und Spezifizität (Genauigkeit) verfügt.
Nach der sogenannten diagnostischen Lücke kann eine tatsächliche HIV-Infektion bei einem Selbsttest allerdings erst drei Monate nach einer möglichen Infektion definitiv ausgeschlossen werden. Insbesondere bei einem positiven Text, also der Anzeige einer HIV-Erkrankung, ist in jedem Fall ein Labortest erforderlich, der in einer Arztpraxis oder im Gesundheitsamt (unentgeltlich) angeboten wird.
„„Eine HIV-Infektion ist zu einer sehr gut behandelbaren chronischen Erkrankung geworden. AIDS als Folgeerkrankung der HIV-Infektion bricht bei gut Therapierten in der Regel nicht mehr aus. Daher ist es so wichtig, rechtzeitig die richtige Therapie einzuleiten. Nur wer von seiner Infektion weiß, kann eine adäquate Therapie erhalten und sich und andere schützen. Wir dürfen nicht nachlassen, darüber aufzuklären und daran zu erinnern““, betont Minister Garg.