Schwarzenbek (pm). Sie ist eine Friedhofskapelle, die man wohlwollend wahrscheinlich „funktional“ nennt. Die Auferstehungskapelle in Schwarzenbek steht umringt von Rhododendronbüschen mitten auf dem neuen Friedhof. Der zweckmäßig eingerichtete Innenraum wird von der Gemeinde hauptsächlich für Trauerfeiern genutzt. Das geht irgendwie, aber schön ist anders.
Das wird sich bald ändern, denn Axel Möller hat hier viel vor. Der 47jährige Bestatter hat die Kapelle von der Gemeinde angeboten bekommen und gekauft. Nun will er den Zweckbau aus den 60er Jahren in eine warmherzige, moderne Begräbniskapelle umgestalten. „Trauerfeiern sollten in einem möglichst schönen, würdigen Rahmen stattfinden“, findet er und erzählt mit leuchtenden Augen von seinen Umbauplänen.
Klar, es wird eine energetische Sanierung gemacht, denn die sehr dunkle Einfachverglasung lässt den Raum derzeit im Sommer dunstig und im Winter kalt werden. Und die Toiletten müssen erneuert werden; da sei noch eine Kette zum Abziehen, nostalgisch, aber eben nicht mehr zeitgemäß. Der Brandschutz ist nicht auf dem Stand der Zeit, die Kühlung für die Verstorbenen ist komplett veraltet, und das Wasser aus den Regenrinnen läuft überall hin…. das wird alles mitgemacht. Und natürlich werden die neuen Räume nach dem Umbau behindertengerecht sein. „Es gibt einen sehr großen Sanierungsstau und hohen Investitionsbedarf“, sagt er.
Das weiß auch die Kirchengemeinde Schwarzenbek, der bisherige Eigentümer der Auferstehungskapelle. Sie ist für den Erhalt von zwei großen, kirchlichen Zentren verantwortlich und hat dort in den letzten Jahren kräftig investiert, da ist die kleine Kapelle auf dem Friedhof ein wenig zu kurz gekommen. „Das Zentrums unseres Gemeindelebens sind die Kirche St. Franziskus mitten in Schwarzenbek und das gerade frisch sanierte Familienzentrum St. Elisabeth in Nordost“, berichtet Pastor Andreas Schöer, „An diesen beiden Orte ist sieben Tage die Woche etwas los. Dort wollen wir unsere Kräfte konzentrieren.“ In der Friedhofskapelle wird außer zu Beerdigungsfeiern nur noch an zwei Tagen im Jahr Gottesdienste gefeiert.
Bernd Münchow behält als Stellvertretender Vorsitzender des Kirchengemeinderates in der Gemeinde die Kosten im Auge. „Wir haben eine Sanierung der Auferstehungskapelle schätzen lassen, die Kosten belaufen sich auf mindestens 70.000 Euro, nur um den baulichen Status quo beizubehalten“, sagt er. „Schon dieses Geld haben wir nicht.“ Und der Erhalt des Status quo wäre aus seiner Sicht auch zu kurz gesprungen, denn auch an der Atmosphäre des Raumes hapert es. Die Orgel scheppert. Die Bänke sind hart und fest verschraubt. Die Beleuchtung ist sehr rustikal. „Wir haben in den Ausbau der beiden anderen Standorte viel Geld gesteckt, und auch hier hätten wir sehr viel Geld ausgeben müssen, damit es ein Ort wird, an dem man sich gern aufhält“, sagt er. Das könne man finanziell bei sinkenden Einnahmen der Kirchensteuern nicht verantworten. „Wir sind zwar eine große Gemeinschaft von 6100 Gemeindegliedern, aber diese Sanierung hätte uns finanziell überfordert.“
Der Kirchengemeinderat habe alle Optionen sorgfältig geprüft, denn der Verkauf einer Kirche oder Kapelle will gut überlegt sein. Die Kapelle kommt in gute Hände: „Der Verkauf unserer Kapelle an ein altehrwürdiges, lokal gut vernetztes Beerdigungsunternehmen ist eine Win-win-Situation für alle“, sagt Pastor Schöer. Die Gemeinde könne hier weiterhin Gottesdienste feiern, der Raum steht nun für Trauerfeiern auch Angehörigen anderer Konfessionen und Konfessionslosen offen. Durch den Verkauf hat die Gemeinde nun sogar Einnahmen, denn der Grund und Boden gehört weiterhin der Kirche, der neue Besitzer zahlt eine jährliche Pacht an die Kirchengemeinde.
„Der Unterhalt einer Friedhofskapelle fällt nicht einfach so mit ab“, sagt Bernd Münchow. Die Bestattungskultur hat sich verändert. „Die Sargbestattungen gehen immer mehr zurück, wir haben heute zweidrittel Urnengräber. Und die Konkurrenz durch Friedwälder lassen unsere Einnahmen einbrechen. Der Friedhof ist für uns derzeit ein Zuschussgeschäft.“ Ohne große Investitionen, da ist er sich sicher, wird die Zahl der Beerdigungen hier noch mehr zurückgehen.
Das soll sich ändern, denn der neue Käufer hat viele Pläne, die die kleine Kapelle ganz groß rauskommen lassen werden. Möller will eine sechsstellige Summe investieren und die 500 Quadratmeter Nutzfläche nicht nur sanieren, sondern auch neu gestalten. „Im Eingangsbereich wird es zukünftig statt eines kleinen Windfanges ein großzügiges Foyer geben, wo sich Trauergäste versammeln können, bevor es in die Kapelle geht“, plant Möller. Die Kapelle selbst soll flexibel bestuhlt werden, damit man viele verschiedene Formen des Abschieds gestalten kann. Eine moderne Musikanlage wird installiert, eine gute Beleuchtung konstruiert. Der zweite kleine Abschiedsraum wird vergrößert, so dass hier zukünftig auch ein Raum für Abschiedsfeiern im engsten Familienkreis zur Verfügung steht. Und wer weiß, vielleicht sind in diesen Räumen dann auch kulturelle Veranstaltungen wie Lesungen oder Konzerte möglich?
So erlebt man in Schwarzenbek den seltenen Fall, dass der Verkauf einer Kapelle alle glücklich macht. „Besser konnte es nicht gehen“, schreibt Pröpstin Frauke Eiben an die Gemeinde. „Mit der Kirchengemeinde Schwarzenbek freue ich mich, dass – nach einem einvernehmlichen Verhandlungsweg – die Sorge um die Auferstehungskapelle nicht mehr in der Verantwortung der Kirchengemeinde liegt.“
Aufgrund zurückgehender Gemeindegliederzahlen und sich wandelnder Bedarfe der Menschen sind Veränderungen bei den kirchlichen Immobilien angezeigt. Im Dezember 2017 hat die Kirchenkreissynode daher ein Gebäudekonzept beschlossen. Alle 57 Gemeinden im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg sollen bis zum 31. Mai 2020 darüber nachdenken, welche Liegenschaften für die Zukunft nötig, sinnvoll und finanzierbar bleiben. „Die Auferstehungskapelle ist im Rahmen des Gebäudeprozesses unseres Kirchenkreises die erste Liegenschaft, die nach gründlicher Prüfung verkauft wird“, gratuliert die Pröpstin.
Axel Möller will jetzt zügig einen Bauantrag stellen und ausschreiben. Die geplante Bauzeit beträgt neun Monate. „Wenn alles klappt, fangen wir hier im Frühjahr 2019 mit dem Umbau an.“