Mölln (pm). Die gewaltige Zahl von 5.596 Wildschweinen wurde im abgelaufenen Jagdjahr im Kreis Herzogtum Lauenburg gestreckt. Das ist etwa ein Drittel der gesamten Strecke des Landes Schleswig-Holstein – und das auf nur 7,9 Prozent der Landesjagdfläche! Vor dem, Hintergrund dieser hohen Populationsdichte und der immer weiter aus den östlichen Nachbarländern vorrückenden Afrikanischen Schweinepest (ASP) hatte die Kreisjägerschaft zu ihrer Jahreshauptversammlung zwei ausgewiesene Experten geladen: den Wildbiologen Niels Hahn und Dr. Bernhard Kaufhold, Veterinär in der Kreisverwaltung. Rund 200 Jägerinnen und Jäger hörten sich deren Ausführungen aufmerksam an.
Laut Niels Hahn herrsche „Alarmstufe rot“, weil zu den schon länger auftretenden Wildschwein-Problemen wie Wildschäden und Verkehrsunfälle nun die Seuchengefahr extrem angestiegen sei. Ein Ausbruch der ASP hätte enorme wirtschaftliche Auswirkungen, insbesondere auf die Hausschweinbestände, aber auch auf benachbarte Sektoren wie. Fleischverarbeitungs- und Futtermittelbetriebe und nicht zuletzt auf die Wildschweinpopulation (Tierleid) und die Jagd selbst. Eine Bekämpfung in den Schweineställen sei zwar vergleichsweise einfach, aber in einer Wildschweinpopulation langwierig und schwierig. Hinzu kommt, dass kein Impfstoff in Sicht sei, obwohl die Forschung daran schon seit Jahren erfolgt.
Deshalb gelte es, präventiv das Risiko eines Seuchenausbruchs zu minimieren, wobei alle Akteure zusammenarbeiten müssten. Mögliche Fälle müssen früh erkannt werden, Stichwort: Fallwilduntersuchung, damit zeitnah im Ausbruchsfall Bekämpfungsmaßnahmen ergriffen werden können. Alle Möglichkeiten der Biosicherheit im Personen- und Warenverkehr und der Hygiene bei der Jagd und in der Landwirtschaft sind zu ergreifen. Wesentlich ist aber vor allem eine deutliche Reduktion der Zahl der Wildschweine. Der Fachmann nannte Beispiele von Maßnahmen aus anderen Bundesländern, mit denen die Jäger bei der Reduktion der Wildschweinbestände unterstützt werden. Dazu zählen unter anderem die ganzjährige Jagdzeit
auf Schwarzwild, die Installation von Fangeinrichtungen, die Erlaubnis, spezielle Nachtsichtvorsatzgeräte und künstliche Lichtquellen einzusetzen.
Außerdem plädierte der Diplom-Forstwirt dafür, die Bejagung viel stärker am Reproduktionspotenzial der Tiere auszurichten und als Konsequenz vermehrt Bachen, die weiblichen Tiere und Frischlinge zu bejagen. Der Bachenabschuss müsse „entkriminalisiert“ werden. Das fange zuerst in den Köpfen der Jäger an. Es gehe nicht darum, Muttertiere von milchabhängigen Frischlingen wegzuschießen. Aber sobald die Frischlinge nicht mehr zwingend auf die Bache angewiesen sind, müsse verstärkt zusätzlich auch diese soziale Klasse des Schwarzwildes bejagt werden, denn die jagdlichen Bemühungen zeigten bislang keine Trendumkehr der Bestandsentwicklung. Die steigenden Jagdstrecken seien ein klarer Indikator für die hohe und weiter steigende Schwarzwildpopulation.
Wildbiologe Hahn brach auch eine Lanze für die „Saufänge“, die Jagd mit der Lebendfalle: „Das ist eine tierschutzgerechte Jagdmethode, der die Traditionspflege der Jäger nicht im Wege stehen sollte.“ Da die Wildschweine bei uns überwiegend nachtaktiv sind und oft an der Kirrung oder der Schadensfläche in der Nacht bejagt werden, kann die Nutzung von Nachtzielvorsatzgeräten diese Jagdmethode sicherer, effizienter und effektiver machen. Wildschweine kennen keine Jagdreviergrenzen. Daher plädierte Hahn sehr dafür, bei Bewegungsjagden das jagdliche „Revierdenken“ hintenan zu stellen. Kluge Lasten-Nutzen-Verteilungen bei Planungen und Durchführungen solcher Bewegungsjagden können dazu beitragen, die Schwarzwildstrecke weiter zu steigern.
Kreisveterinär Dr. Bernhard Kaufhold ermutigte die Jäger, in ihrem Bemühen das Schwarzwild stärker zu reduzieren, nicht nachzulassen. Seine Behörde beschäftige sich intensiv mit den Gefahren der ASP und präventiven Maßnahmen. Dabei gehe es auch um Wissensvermittlung an die Jäger, denn die Situation sei ernst. Die ASP könne jederzeit bei uns im Kreis „aufschlagen“, wie der aktuelle Seuchenausbruch in Ungarn belege. Das Szenario im Falle eines Ausbruchs werde demnächst im Kreis Herzogtum Lauenburg ganz konkret geübt. Bei der geplanten Tierseuchenübung sollten unter anderem im Gelände versteckte Wildschwein-Körper gefunden und entsprechend der hygienischen Richtlinien fachgerecht geborgen und in Konfiskatsammelstellen entsorgt werden.
Vor dem fachspezifischen Teil standen weitere Punkte auf der Jahreshauptversammlung an. Die
Vorsitzenden Andreas-Peter Ehlers und Bernd Karsten freuten sich über einen neuen Mitgliederrekord: 1.218 gehören aktuell der Kreisjägerschaft an. Gute Nachricht auch aus dem Nachwuchs-Bereich: 22 Jungjäger bereiten sich derzeit auf die Prüfung vor.
Reibungslos gingen die Wahlen der Obleute ab, weil viele Mitglieder ohne zu zögern anpacken, wenn es um Engagement für die Gemeinschaft geht. So waren neu zu besetzende Posten überhaupt kein Problem: Thomas Wollner folgte Lars Krieger auf dem Posten des Obmanns für das agdgebrauchshundewesen. Er hat beste Voraussetzungen, denn seit Jahren führt er nicht nur Hunde, sondern sammelt auch in einem Teckel-Club stets neue Erfahrungen. Jürgen Stüting übernahm von Sebastian Seeliger die Aufgaben des Schießobmannes. Und Magdalena Hadenfeldt kümmert sich nun um die „Jungen Jäger“.
In Hinblick auf die Stecken des Vorjahres stellte Kreisjägermeister Dr. Ulrich Schubert einige Besonderheiten fest. Beim Rehwild hat es einen starken Rückgang bei der Anzahl der Stücke gegeben von 5.391 auf 4.691. Mit 408 statt im Vorjahr 575 Tieren sank auch die Zahl beim Rotwild, ebenso wie beim Damwild (236/255). Ein Plus hingegen ergab sich bei den Kleinräubern: Vom Dachs wurden mit 264 rund 70 Tiere mehr gestreckt als im Jahresvergleich und bei den Waschbären ist das Verhältnis 118 zu 66.