Ratzeburg (pm). Das „Norddeutsche Netzwerk Klärschlamm“ unter dem Dach der Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. – Landesverband Nord (DWA) tagte vergangene Woche im Ratzeburger Rathaus zu einem Problem, das in der breiten Öffentlichkeit nur wenig wahrgenommen wird, obwohl es im Alltag ganz nah steht. Die Entsorgung von Klärschlamm, ein Restprodukt der Abwasserreinigung, das tagtäglich in allen Haushalten seinen Ausgang nimmt, gestaltet sich für Klärwerksbetreiber zunehmend schwierig.
Grund sind zwei novellierte Verordnungen, die nach langen politischen und fachlichen Diskussionen 2017 kurz vor der Bundestagswahl verabschiedet wurden: die Klärschlammverordnung und die Düngeverordnung. Beide haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Klärschlammentsorgung, besonders auf dessen landwirtschaftliche Verwertung. Da in Schleswig-Holstein der überwiegende Teil der Klärschlämme landwirtschaftlich verwertet wurde, sind die Kläranlagenbetreiber hier besonders betroffen. Von einem drohenden Entsorgungsnotstand wird bereits in Fachkreisen gesprochen, den es zu verhindern gelte. Ein Szenario, das auch die DWA als Fachverband befürchtet und zusammen mit den kommunalen Mitgliedern im „Norddeutsche Netzwerk Klärschlamm“ konstruktiv zu gestalten sucht.
Welche Wege sich aus diesem Entsorgungsdilemma ergeben können, wurde mit rund 50 Vertretern aus kommunalen Klärwerksbetrieben intensiv diskutiert, insbesondere inwieweit das bestehende „Norddeutsche Netzwerk Klärschlamm“ dabei eine unterstützende Rolle spielen kann. Ralf Hilmer, Geschäftsführer des DWA-Landesverbandes Nord, machte einführend deutlich, dass die sich abzeichnende Situation dringend auf den Tisch der Politik gehöre, damit die Klärwerksbetreiber nachhaltig funktionierende und umsetzbare Rahmenbedingungen für die Klärschlammentsorgung erhalten.
Rainer Könemann von der DWA führte im Rahmen einer Präsentation aus, wie sich das Entsorgungsumfeld für viele Klärwerksbetreiber nachhaltig verändert hat. Die neuen Vorgaben führen dazu, dass die Verwendung organischer Düngemittel drastisch reduziert wird. Die Landwirte bringen in der Regel zuerst ihre eigenen Wirtschaftsdünger wie Mist, Jauche und Gülle sowie Gärrückstände aus Biogasanlagen auf ihre Böden aus. Für die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm stehen dann aufgrund der Nährstoffbilanz kaum noch Flächen zur Verfügung. Wenn zusätzlich, z.B. durch langanhaltenden Regen, die Ausbringung von Düngemittel erschwert wird, verschärft sich die Flächenverknappung weiter. Wegen der hohen Nachfrage nach thermischer Klärschlammentsorgung stehen in Verbrennungsanlagen kaum noch Kapazitäten zur Verfügung. Der DWA Landesverband Nord hat Ende 2017 eine Umfrage zur „aktuellen Entsorgungssituation“ durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass bereits jetzt große Mengen von Klärschlamm nicht mehr sicher entsorgt werden können. Zusätzlich enden im Laufe des Jahres 2018 bei der Mehrzahl der Betreiber die noch bestehenden Entsorgungsverträge. Bei vielen Ausschreibungen gehen zudem keine Angebote mehr ein. Deshalb ist in vielen Fällen keine ausreichende Entsorgungssicherheit gegeben.
Im Fokus des nachfolgenden Austauschs standen vor allem gemeinsame Kooperationsmodelle, die zur Entlastung der Entsorgungsproblematik beitragen können. Nur mit vereinten Kräften, zum Beispiel in einem gut organisierten Netzwerk, wird es möglich sein, die anstehenden Probleme der Einzelnen mit dem gebotenen Nachdruck gemeinsam wirtschaftlich zu lösen.