Mölln (aa). Deutschland erlebt aktuell eine große Flüchtlingswelle wie zuletzt in den 90er Jahren. Die hier ankommenden Asylbewerber werden zunächst auf die Länder, dort auf die Kreise und zum Schluss in die einzelnen Kommunen verteilt. Wie in den 90er Jahren stehen Kommunen wie Mölln vor dem Problem für die große Anzahl dieser Menschen genügend Wohnraum anzuschaffen.
„Ende 2014 hatte Mölln rund 100 Asylbewerber aufgenommen. Bis Ende 2015 werden es voraussichtlich 230 sein“, klärt Bürgermeister Jan Wiegels auf. Bis jetzt konnten alle diese in Mölln Schutz suchenden Menschen dezentral unter anderem in von der Stadt angemietete Wohnungen untergebracht werden. Doch für die nächsten Ankömmlinge steht vor der Unterbringung ein großes Fragezeichen. „Die Unterbringung ist für uns das zentrale Problem. Wir gehen da am Stock“, so Wiegels weiter. Aktuell plane man „unter Hochdruck“ die Anmietung von Wohncontainern. Da viele andere Kommunen sich in einer ähnlichen Situation befinden, müsse man rechtzeitig anmieten, bevor die Nachfrage das Angebot übersteigt.
Doch wirklich glücklich wäre der Möllner Verwaltungschef mit der rund 300.000 Euro (Miete für 60 Monate) teuren Containerlösung nicht. Die Stadt würde, nicht nur wegen der Kosten, die Flüchtlinge weiter dezentral unterbringen. „Es ist durchaus noch freier Wohnraum in Mölln vorhanden“, weiß Wiegels zu berichten. Doch wenn die Stadtverwaltung bei den Vermietern anfragt, stoße man auf „viele Ängste, Vorbehalte, bis hin zu unverhohlenen Rassismus“, so Wiegels weiter. Dabei seien diese Ängste unbegründet. Bei der Unterbringung tritt die Stadt als Mieter beziehungsweise Mietezahler auf. Auch für gegebenenfalls auftretende Schäden an der Wohnung wäre logischerweise der Mieter, also die Stadt, haftbar. Das Risiko für Vermieter ist also denkbar gering.
Die Asyllbewerber, die hier in der Region ankommen, stammen vornehmlich als Syrien. Weitere sind Kosovo-Albaner, Serben, Iraker und Bürger aus Eritrea. Zumeist ist es die gebildete Mittelschicht, die die Flucht in den Westen angetreten ist. Es sind Menschen, die nach Sicherheit für Leib und Leben, aber auch nach einer Perspektive suchen.
„Die Thematik wird uns auf lange Sicht begleiten“, prognostiziert Jan Wiegels. Daher sei es umso wichtiger, die Flüchtlinge von Anfang an in die Gesellschaft zu integrieren. Anders als in den 90er Jahren hat man dieses Thema jetzt erkannt. So sind viele Menschen in vielen Gemeinden heutzutage bereit, den Asylbewerbern zu helfen. In vielen Kommunen haben sich „Runde Tische für Willkommenskultur“ gebildetet – so auch in Mölln. Aktuell sind es rund 40 ehrenamtlich tätige Möllner, die den Asylbewerbern helfen, sich in ihrer neuen Umgebung zurecht zu finden.
Die Aktiven der Möllner Willkommenskultur verteilen sich auf drei Arbeitsgruppen: „Alltagshilfen“, „Veranstaltungen und Angebote“ sowie „Sprache“. In der AG „Alltagshilfen“ geht es unter anderem um Begleitung zu anstehenden Behördengängen oder Arztbesuchen. „Da sind wir immer wieder gefordert und wollen wir auch gerne mitgehen“, erklärt Dénes Kelemen, der zusammen mit Matthias Lage als Sprecher der Willkommensinitiative fungiert. In der AG „Veranstaltungen und Angebote“ geht es um gemeinsame Aktivitäten „in gut nachbarschaftlicher Art“, wie Kelemen erläutert. Dazu zählen Ausflüge, zum Beispiel nach Hamburg, aber auch das regelmäßig immer mittwochs von 15 bis 17 Uhr stattfindende Café International in der Begegnungstätte Lohgerberei. Die dritte AG „Sprache“ knüpft an die Sprachkurse von Educare Mölln an, wo die Asylsuchenden zur ersten Orientierung einen „Grundstock“ an Deutsch vermittelt bekommen. Die Ehrenamtlichen der Willkommenskultur, teils pensionierte Lehrkräfte, agieren im Anschluss als sogenannte Deutschpaten, um Sprachschatz und Sprachverständnis alltagsnah zu festigen. „Es wird immer wieder deutlich, dass die Sprache der Schlüssel ist“, sagt Jan Wiegels, der auch Schirmherr des Runden Tisches für Willkommenskultur ist. Und die Asylsuchenden sind super engagiert dabei, wie Dénes Kelemen zu berichten weiß. Auch bei den Ehrenamtlern herrsche eine „tolle Stimmung“.
„Die Integration ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, da ist die ganze Stadt gefordert“, sagt Jan Wiegels, der allen Aktiven der Willkommenskultur für Ihren Einsatz dankt. Bei allem Aufwand darf man letztlich auch nicht die Vorteile einer geglückten Integration außer Acht lassen. Denn die meisten Flüchtlinge, sind gut ausgebildet und könnten den Fachkräftemangel hier vor Ort mildern.
Der Runde Tisch für Willkommenskultur wird seine Arbeit in jedem Fall fortsetzen. Weitere Möllner, die hier aktiv werden, sind gern gesehen. Wer einmal „reinschnuppern“ möchte, kann einmal beim bereits erwähnten Café International vorbeischauen.