Ratzeburg (pm/aa). In der Kreisstadt scheint es Tradition zu haben, laute Diskussionen um stille Örtchen zu führen. Nach der öffentlichen WC-Anlage am Aqua Siwa geht es diesmal um den Ratzeburger Bahnhof. In Pressemeldung verkündete die Stadt Ratzeburger am gestrigen Freitag die Einrichtung einer barrierefreien Chemietoilette. Aber auch Bahnhofsbesitzer und Inhaber der Erlebnisbahn Ratzeburg, Oliver Victor meldete sich daraufhin zu Wort.
„Am Bahnhof Ratzeburg gibt es seit Jahresende 2011 keine Möglichkeit mehr, eine öffentliche Toilette zu nutzen. Dazu sind etliche Beschwerden sowohl beim Seniorenbeirat wie auch bei der Stadt selbst eingegangen. Der Bahnhof ist an einen Privatinvestor veräußert worden, wobei die öffentliche Nutzung der Toiletten im Bahnhof durch einen Pachtvertrag zwischen der Deutschen Bahn und der Stadt Ratzeburg über einen bestehenden Pachtvertrag zunächst gewährleistet blieb. Dieser Vertrag ist zum Jahresende 2011 jedoch ausgelaufen und nicht mehr verlängert worden.
Gegenüber dem Seniorenbeirat hatte der neue Besitzer des Bahnhofs angekündigt, eine neue öffentliche Toilette beim Reisezentrum bauen zu wollen, was aber bislang noch nicht in Angriff genommen worden ist. Die Stadt wiederum hatte den Besitzer gebeten, doch die bisherigen Toiletten auf Kosten der Stadt wieder zu öffnen, worüber allerdings keine Einigung erzielt werden konnte. Natürlich bestehen seitens des neuen Besitzers dazu auch keinerlei Verpflichtungen.
Um hier nun zumindest provisorisch Abhilfe zu schaffen, hat die Stadt Ratzeburg vor einigen Tagen eine barrierefreie Behelfstoilette von der Fa. Nonnemann angemietet und aufstellen lassen. Die wasserlose Uni-Sex WC-Anlage, deren Reinigung die Fa. Dahm übernimmt, soll zunächst bis zum Jahresende aufgestellt bleiben, bevor über eine Verlängerung des Provisoriums entschieden wird. Die Kosten für diese Zwischenlösung belaufen sich auf rund 500 Euro bis zum Jahresende.“ Soweit die Meldung der Stadt Ratzeburg.
In direkter Reaktion darauf, wandte sich auch Oliver Victor gestern an die Presse: „Der Pachtvertrag über die Bahnhofstoiletten wurde durch eine Kündigungder Stadt Ratzeburg beendet, nicht durch ein „Auslaufen der Verträge“, wie es die Verwaltung gern dem AWTS oder der Presse gegenüber immer wieder erklärt. Die Kündigung haben wir nicht widerwillig akzeptiert, weil die Stadt Ratzeburg als Pächter ihren Reinigungs- und Instandhaltungspflichten nicht nachkam und die Anlage völlig verwahrlosen ließ. Eine Wiedereröffnung wäre einem Neubau gleichgekommen. Diesen Neubau hätten wir selbst schultern müssen, denn die Stadt hat entgegen ihrer Pressemitteilung niemals eine Kostenübernahme für irgendetwas angeboten.
Eine öffentliche Toilette fehlt am Bahnhof eigentlich nur im Winter, denn von Mai bis September (während der Öffnungszeiten des 3-Muskel Cafés) nutzen die Bahnhofsgäste immer gern die WC-Anlage in unserer Gaststätte. Jetzt im Winter ist das Café allerdings geschlossen und die Bahnreisenden müssten auf das WC bei Bäckerei Knaack oder an der Tankstelle ausweichen. Die Stadt erklärte uns schon im Sommer, im Rahmen der „Aktion nette Toilette“ zukünftig Vereinbarungen mit solchen WC-Anlagen-Betreibern treffen zu wollen – was allerdings offensichtlich nie geschah, zumindest nicht mit unserem 3-Muskel Café.
Daher beauftragten wir rechtzeitig einen Ratzeburger Architekten, eine Planung für den Neubau einer behindertengerechten Anlage in unserem Hause zu machen und wählten dafür ganz bewusst den gleichen Architekten, der schon bei der legendären Aqua-Siwa-Toilettenanlage zum Zuge kam. Nachdem die Pläne fertig waren, hätte man in Verhandlungen treten müssen, um die Realisierung voranzutreiben. Zu diesen Verhandlungen kam es jedoch nie, denn die Stadt erklärte uns, man bräuchte keine WC-Anlage mehr, denn man hätte mittlerweile eine andere Lösung.
Seit heute wissen wir also: diese „Lösung“ ist das XXL-Dixi am Fahrradständer. Fragt sich, warum man so etwas nicht auch in den Kurpark stellen konnte? Fragt sich auch, was der Denkmalschutz dazu sagt, der schon massive Schwierigkeiten hatte, den knallroten Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn AG vor der leuchtend gelben denkmalgeschützten Kulisse des Bahnhofs zu platzieren. Und es fragt sich, ob die Stadt selber von dieser Lösung wirklich so überzeugt ist,wenn schon in der Präsentation der neuen Bedürfnisanstalt Unwahrheitenaneinandergereiht werden müssen, um den Eindruck zu vermitteln, man hätte keine andere Wahl gehabt.“