Mölln (pm). Möllner Schülerinnen und Schüler aus der Gemeinschaftsschule, dem Marion-Dönhoff-Gymnasium, der Freien Schule und dem Berufsbildungszentrum haben sich im Rahmen eines Projektes des Vereins Miteinander leben e.V. mit der Frage beschäftigt, wie ein neuer Gedenkort an der Ratzeburger Straße geschaffen werden könnte. Das Haus Nummer 13 in der Ratzeburger Straße war am 23. November 1992 das erste Anschlagsziel zweier Neonazis in Mölln. In dem mehrstöckigen Haus wohnten neun türkischstämmige Familien mit insgesamt 32 Personen, darunter viele Kleinkinder. Neun Menschen werden schwer verletzt.

Heute erinnert nur noch ein kleiner, unscheinbarer Gedenkstein an die Tat in der Ratzeburger Straße. Das Haus selbst gibt es nicht mehr. Es wurde abgerissen und nicht wieder aufgebaut. Für die Überlebenden des Brandanschlages ist es bis heute ein wichtiges Anliegen, dass diese Tat nicht unsichtbar wird und in Vergessenheit gerät. Dies haben sie in den vergangenen Jahren immer wieder als Wunsch geäußert. Alle bewegt die Tat bis heute.
Vor allem Ali Aygün hat dies zu den Gedenkveranstaltungen, aber auch in einem Interviewprojekt mit Möllner Schülern immer wieder sehr deutlich gemacht. Er hat dabei den auch stets den Wunsch nach einem neuen Gedenkort formuliert, der aus seiner Sicht von jungen Menschen gestaltet sein sollte. Damit hat Ali Aygün die Projektidee ins Leben gerufen, die jetzt vom Verein Miteinander leben e.V. aufgegriffen wurde und mit einer Förderung der ‚Partnerschaft für Demokratie‘ des Kreises Herzogtum Lauenburg im Rahmen des Bundesprogramms ‚Demokratie leben!‘ umgesetzt worden. Zusammen mit Sozialarbeiter Ercan Kök wurde vor den Sommerferien an allen Möllner Schulen Werbung gemacht und nach Mitwirkenden für dieses Projekt mit dem Arbeitstitel ‚Mölln nach Mölln – Gemeinsam neue Erinnerungsformen finden‘ gesucht. Über 30 Schülerinnen und Schüler zeigten sich interessiert und trafen sich im September erstmalig mit Überlebenden der Ratzeburger Straße zum Gespräch in der Internationalen Begegnungsstätte „Lohgerberei“.
Ali Aygün Veli Yaşar zeigten sich von dieser Resonanz begeistert und stellten sich den vielen neugierigen Fragen. Die Schülerinnen und Schüler lernten an diesem Tag auch Thomas Helbing kennen, einen Bildhauer aus Barnitz mit viel Erfahrung zu Kunst im öffentlichen Raum. Er lud die Schüler ein, gemeinsam Ideen für ein neues Mahnmal in der Ratzeburger Straße zu entwickeln. Eine solche Einladung sprach auch Johann Tessmer aus. Als Student für Informationstechnologie und Design bot er die Entwicklung eines digitalen Gedenkraums an, der den Gedenkort zukunftsgewandt ergänzen soll.
In einer anschließenden Arbeitsphase entwickelten die Schülerinnen und Schüler zusammen mit Ali Aygün und Veli Yaşar verschiedene Ideen, in der Werkstatt von Thomas Helbing und in der digitalen Welt von Johann Tessmer. In nur acht Wochen entstanden so vorstellungsreife Skizzen, die in einer Präsentation dem zuständigen Ausschuss für Schule, Kultur und der Stadt Mölln vorgestellt wurde.

Dies übernahmen wiederum die Schüler selbst und warben dafür, dass die Stadt Mölln die folgende Konkretisierung- und Umsetzungsphase aktiv begleitet und finanziell unterstützt. Die Ausschussmitglieder zeigten sich von der Qualität der Präsentation tief beeindruckt und folgten dem Ansinnen einstimmig. Ali Aygün und Veli Yaşar dankten in Namen aller Überlebenden für das positive Votum, dass die Tür zur Gestaltung eines neuen Gedenkort in der Ratzeburger Straße weit geöffnet hat. Sie sagten zu, die Möllner Schülerinnen und Schüler auf diesem Weg weiter aktiv zu begleiten. „Es ist für uns ein Herzensprojekt“, sagte Ali Aygün zum Abschluss und dankte den Schülerinnen und Schüler sowie ihren fachlichen Begleitern für die geleistete Arbeit.










